Kleiner Gruß an Herrn Lauterbach zur Wahrnehmungskorrektur.
Digitalisierung im Gesundheitswesen, oder warum Krankenhäuser angeblich teuer sind. Bitte nicht Bierernst nehmen, andererseits... Ich wage (mal wieder) die Behauptung, dass bei einem echten Bürokratieabbau, im sich selbst erhaltenden Perpetuum Mobile der Behörden, jede Menge Kosten zu reduzieren wären. Aber: Keiner möchte Stellen oder Budgets abgeben - obwohl das an einigen Stellen bestimmt Fachkräfte zurück in den Markt spülen würde - daher muss sich immer irgendwer irgendwas Rechtfertigendes ausdenken. Am Besten gleich 17 mal auf Bundes- und Landesebene.
Aktuell "liebe" ich das Projekt "elektronischer Antrag Anschluss-Heilbehandlung" im Krankenhaus. Ein digitales "Muss" mit Ersatzverfahren, wobei das Ersatzverfahren lediglich das Ausgangsverfahren auf Papier mit angepasstem Formular darstellt.
Was hat das mit Kosten zu tun? Nun ja, auf Basis eines "Muss", muss ich als Krankenhaus, das entsprechende Produkt bei meinem SW-Hersteller kaufen. Also werde ich als Krankenhaus mit Investitionskosten belastet. Die seit Jahrzehnten nicht mehr voll erstattet, sondern nur noch "gefördert" werden. Übrigens weiß ich in solchen Fällen auch gar nicht, was ich wohl als Kostenansatz vorsehen soll, denn die finale Umsetzung (und Preisfindung) erfolgt immer in einem bereits laufenden Geschäftsjahr (für das zumeist nicht einmal ein Budget vorhanden ist).
Wenn das Produkt funktional vorhanden und implementiert ist, werde ich zudem mit Service&Support-Kosten belastet, die wiederum als Betriebskosten gegen die Erlöse aus der Krankenversicherung laufen. Mit entsprechender Verspätung bei der Anpassung der Kalkulationen.
Das wäre sicherlich zeitweise noch leidlich o.k., wenn gleichzeitig auch tatsächlich "digitalisiert" und der Prozess optimiert wäre, aber da haben wir noch den Föderalismus und natürlich die vielen Interessengruppen und Beteiligten anzubieten. Das führt dann dazu, dass es eben keine abgestimmte Stichtagsbezogene "Digitalisierung" eines Prozesses / Verfahrens gibt, sondern vielleicht nur die Krankenversicherung teilnimmt, aber nicht alle, die Rentenversicherung erstmal gar nicht (schon irgendwie doof bei einer Anschlussheilbehandlung) oder kaum und einfach mal auf das Ersatzverfahren verwiesen wird. So in etwa. So bedient das gescholtene Krankenhaus einen Prozess überwiegend weiter mit analoger Organisation und benutzt dazu ein digitales Verfahren zur Produktion eines Beleges und ohne zu wissen wann das aufhört. Gekonnt ist eben gekonnt.
Oder, mit anderen Worten: Das Krankenhaus investiert in Digitalisierung wie gewünscht / erzwungen. Die Kosten steigen allerdings vorerst lediglich an, da die Empfänger nicht empfangen oder antworten können. Glückwunsch. Mal wieder so ein Leuchtturm aus Kaminholz und Streichhölzern, bis dann in Monaten oder Jahren endlich mal tatsächlich ein digitales Verfahren (vielleicht) bundesweit einheitlich (ein Traum...) etabliert ist.
Executive Data Science Leader
1 WocheETERNO Dieser Post erinnert mich an die Zeit vor etwa 20 Jahren als in der Schweiz das TARMED System für Arztpraxen eingeführt wurde. Ich habe damals eine Praxis mit dem Systemwechsel unterstützt und kann den Druck, die Sorge und Stress nur bestätigen. Diese Systeme müssen vor Ort, über mehrere Wochen, äusserst vorsichtig und mit mehreren Sicherheits-Netzen eingeführt werden!