Neue Leader braucht das Land
Jenseits von Agilität: Die Organisationen der Zukunft gestalten
Dies ist die endgültige „2020-Version“ meiner Präsentation, die zuletzt auf der fabelhaften „STRETCH Leadership and Management“ Gipfelkonferenz angeboten wurde und auf meinen früheren Artikeln über agile Lernorganisationen aufbaut. Folien, Originaltext und die (englische) Videoaufzeichnung sind hier einsehbar. Wie immer freue ich mich über Feedback und Kommentare!
(Originaltitel: What’s Love Gotta Do With It – Beyond Agile: Crafting the Organisations of the Future)
Es komme ein Jahrzehnt aufgeklärter Führung
Es ist mir eine große Freude, hier mit Euch zusammen zu sein und ein besonderes Privileg, in diesen historischen Zeiten mit so vielen Führungskräften und Managern auf einer so wichtigen Konferenz zu sprechen.
In diesen Tagen voll Unsicherheit, existentieller Fragen, Belastungen und Herausforderungen, von Risiken und Chancen und von bedeutenden Veränderungen, brauchen Organisationen verantwortliche Führung wie selten zuvor - und nicht nur Organisationen, sondern unsere Gesellschaft insgesamt. Ich glaube, daß wir als Führungskräfte heute eine einmalige Gelegenheit und eine wichtige Verantwortung haben, über uns selbst hinauszuwachsen, und uns auch gegenseitig mit Erfahrungen und neuen Ideen zu unterstützen, um gemeinsam eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten. Und ich hoffe wahrlich, daß wir zusammen dies zu einem Jahrzehnt aufgeklärterer Führung machen werden!
Allerdings habe ich, wenn ich auf unsere Agenda sehe, auch das etwas bedrückende Gefühl eines Deja Vus. Mit vielen der Themen, die wir heute und morgen diskutieren, ringen wir schon seit Jahren und ich würde nachdrücklichst empfehlen, nun wirklich loszulegen. Wir haben unsere Zehen schon eine ganze Weile im Wasser und müssen uns jetzt endlich in die großen Wellen wagen!
Laßt uns also ohne weiteres Zögern mutig in die wundersame Welt der Organisationstransformation eintauchen! Unsere Welt wird täglich komplexer und ich würde gerne mit Euch zusammen über ein Thema nachdenken, das mich persönlich in den letzten Jahren schon des Öfteren wachgehalten hat: wie können wir Organisationen erschaffen, in denen Arbeiten wirklich sinn-voll ist und in denen Menschen sowohl Spaß am täglichen Schaffen haben als auch gemeinsam einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Zukunft für unser Unternehmen, unsere Branche und unsere Gesellschaft insgesamt leisten? Und ich denke, daß diese Frage wichtig ist -
- Während die sogenannte „vierte industrielle Revolution“ unsere Welt buchstäblich an den Ohren zieht, haben unsere Betriebe gemeinsam zahlreiche Probleme mitverursacht, die niemand so wirklich wollte - Burnout und Einsamkeit, Ungleichheit und Hunger, und ökologische Katastrophen. Und einigen Schätzungen gemäß gehen zudem in jedem Jahr weltweit mehr als 7 Milliarden Dollar an Wert verloren, weil Mitarbeiter sich nicht wirklich engagiert fühlen.
- Und als ob dies nicht bereits genügte: während die Menschheit vor einem historischen Wendepunkt steht, glauben 56% der Weltbürger, daß „unser Kapitalismus mehr schadet als nützt“.
- Ich glaube daher, daß wir unsere Strukturen grundlegend überdenken müssen. In diesem Sinne, möchte ich heute einmal versuchen, drei einfache Fragen zu beantworten: 1. Warum sind wir wirklich hier? 2. Wie können wir unsere Organisationen weiterentwickeln, um unsere wahren Ziele zu erreichen? 3. Und zu wem müssen wir, jeder von uns individuell, werden, damit es funktionieren kann?
Von Gewinnmaximierung zu Berufung und "Purpose"
Interessanterweise begegne ich sehr oft Menschen, die mir sehr ernsthaft versichern, daß sie es sich zutiefst wünschen, in Ihren Betrieben agiler oder „selbstlernender“ (cyan/teal) zu werden, ohne sich jemals wirklich die Frage zu stellen, warum.
- Und das ist nicht wirklich überraschend, oder? Wir haben in unserer westlichen Gesellschaft ein verführerisch materialistisches und individualistisches Narrativ geschaffen, demzufolge eigennütziges Wachstum, Produktivität und Aktienkurse zum reinen Selbstzweck geworden sind.
- In einer „Pandemie stetiger Betriebsamkeit“ verrennen wir uns immer häufiger in einem hedonistischen Hamsterrad, im Wettkampf nach immer mehr Geld: Menschen arbeiten immer länger, um Status, soziale Akzeptanz und Wohlstand zu erreichen, nur um letztendlich herauszufinden, daß es sie nicht wirklich glücklicher macht.
- Und während wir angestrengt immer phantastischere Reichtümer erwirtschafteten – wenn auch meistens für viel zu wenige - ignorierten wir oft ökologische Konsequenzen. Nur um eines schönen Tages erstaunt festzustellen, daß unser Mutterplanet bereits dem Bankrott nahe steht und daß der Zusammenbruch unseres globalen Klimas die Lebensgrundlage von Millionen Menschen gefährdet.
Also, wofür stehen wir wirklich? Woran glauben wir wirklich?
Diese Fragen sind sowohl existentiell als auch fundamental. Wir erschaffen Organisationen zu einem bestimmten Zweck - um gemeinsam etwas zu erreichen, das wir individuell niemals vollbringen könnten. Und ich bin der festen Überzeugung, daß 50 Jahre nach Milton Friedmans berühmtem Aufsatz über die moralische Verantwortung von Unternehmen, sowohl persönlicher als auch organisatorischer „Erfolg“ über das Streben nach Geld und „Shareholder Value“ hinausgehen muß.
- Wie Colin Mayer bereits beim World Economic Forum in Davos anmahnte, besteht der wahre Zweck von Organisationen darin, „die Probleme unseres Planeten gewinnbringend zu lösen“. Es geht nicht nur um Profit und immer mehr Wachstum, sondern auch um eine integrative und nachhaltige Wirtschaft für alle Beteiligten, und darum, „gute Vorfahren“ für kommende Generationen zu werden. Nicht einfach immer noch größer, sondern besser!
- Und es geht nicht nur darum, was wir tun, sondern auch darum, wie wir es tun. In einer Welt, in der traditionelle Gemeinschaften von Kirchen und Nachbarschaften zunehmend erodieren, in der unser marktorientiertes Wirtschaften oft ontologische Bedeutungslücken mit einem Evangelium des Wachstums gefüllt hat und in der Arbeit in unserem Leben so zentral geworden ist, müssen auch Unternehmen „moralische“ Verantwortung übernehmen. Wie Immanuel Kant uns bereits vor einem Jahrhundert erinnerte: „Menschen müssen immer als Selbstzweck behandelt werden, niemals als Mittel zum Zweck“, niemals als Zahnräder in einer seelenlosen Maschine.
- Und nicht für hübsche Marketingslogans oder aufgrund gefühlsduseliger Barmherzigkeit, sondern als Frage von Moral und Gerechtigkeit. Ausbeutung und Ungleichheit sind keine Wirtschaftsgesetze, sondern inhärente Fehler unseres Systems! Wir müssen endlich gesellschaftliche und organisatorische Kennzahlen entwickeln, die über BIP und Gewinn-vor-Steuern hinausgehen.
Ich glaube fest daran, daß wir uns alle fragen müssen, ob unsere Unternehmen und wir persönlich meßbar zu einem „nachhaltigen Unternehmensergebnis“ beitragen. Haben wir wirklich Prozesse eingerichtet, um dafür zu sorgen, daß Projekte auch unseren Werten gemäß abgewogen und moralisch bewertet werden? Falls nicht, laßt uns etwas unternehmen! Führungskräfte müssen die Verantwortung dafür akzeptieren, daß Gespräche über Integrität im Unternehmen stattfinden –Manager und Führungskräfte können nicht „moralisch stumm“ bleiben, wenn es um unsere Existenz auf diesem Planeten geht. Vielleicht ist es Zeit für einen "hippokratischen Management-Eid"?
Wir brauchen heutzutage menschen-, umwelt-, und werteorientierte Organisationen mehr denn je, um zusätzlich zum wirtschaftlichem Erfolg auch einen Ort für Gemeinschaft und Gemeinsinn zu schaffen, an dem Menschen sich verwirklichen, zusammenwachsen und ein positives kollektives Ziel verfolgen können.
Von Bürokratie zu Humanokratie
Mehr als je zuvor bin ich heute zuversichtlich, daß viele Menschen und Betriebe diesbezüglich den richtigen Ehrgeiz entfalten, aber da sie oft nicht genau wissen, wie sie sich weiterentwickeln können, ist Fortschritt nur langsam. Und was immer manche Unternehmensberater auch mit reichlich Pathos anpreisen mögen, es gibt hier keine einfachen Rezepte - wie jeder Mensch ist auch jede Organisation anders.
- Nichtsdestoweniger bin ich der festen Überzeugung, daß wir nicht einfach so weitermachen können wie bisher. Wir leben in einer immer komplexer werdenden Welt - mit immer schnelleren Veränderungen, Fortschritten bei Technologie und Daten, einer rasanten Verkürzung der Halbwertszeit von Wissen, und immer größeren globalen Abhängigkeiten.
- Einige Forscher behaupten sogar, daß „65% der zukünftigen Berufe von Menschen, die heute in die Grundschule gehen, noch nicht einmal existieren.
- Daher bin ich überzeugt, daß wir in diesen „Neuen 20ern“ die Illusion aufgeben müssen, daß Arbeit im Unternehmen im Detail vorhergesagt, geplant oder kontrolliert werden kann. Wie BCG bereits im letzten Jahr deklamierte, sind die Unternehmen, die in den 2020er Jahren im Markt bestehen werden, diejenigen, die „im Lernen konkurrieren können“.
- Von einem Paradigma der „skalierbaren Effizienz“, das unsere Unternehmen seit der industriellen Revolution dominiert, müssen wir zu einer neuen Welt des „skalierbaren Lernens“ und der kontinuierlichen Evolution übergehen. Von einem statischem „Wettbewerbsvorteil“ zu „adaptivem Vorteil“ und von geschlossenen Systemen zu grenzenlosen Ökosystemen.
Die schlichte Wahrheit ist, daß unsere Welt viel zu komplex geworden ist, um durch Bürokratie kontrolliert zu werden. Wir können nicht „auf einem Berggipfel stehen und Strategie bergab predigen“, um Unternehmen erfolgreich zu führen. Wir müssen grundlegend überdenken, wie Organisationen aussehen müssen, die beides können - erfolgreich im Markt bestehen und den von uns gewünschten nachhaltigen Zweck erreichen. Solch „entfesselte“ Organisationen der Zukunft müssen in der Lage sein, ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschen etwas bewirken können und auch bewirken wollen, um Kreativität und Ideen von allen Mitarbeitern anzuregen und einzubringen. Um heute erfolgreich zu sein, müssen wir die Grenzen der Kontrollier- und Planbarkeit von Arbeit akzeptieren und der menschlichen Selbstverwirklichung die Türe öffnen, anstatt mechanistisch nur Effizienz und Produktivität zu maximieren.
Von Herrschaft der Wenigen zum Dialog Aller
Aber wie kommen wir dorthin? Um Selbstorganisation und organisatorisches Lernen in großem Maßstab zu ermöglichen - und sogenannte "cyane" Organisationen („Teal organisations“) zu entwickeln - müssen wir meiner Erfahrung nach den Mut haben, Arbeit von Grund auf neu zu gestalten und das Umfeld für unsere Teams auf mehreren Ebenen anzupassen - in Bezug auf Strukturen, Managementprozesse und organisatorische Praktiken. Vor allen Dingen aber - anstatt wie so oft die sprichwörtlichen „Liegestühle auf der Titanic“ umherzuschieben und neue Organigramme zu basteln - müssen wir bewußt die Verteilung von Informationen, Wissen und Macht im Unternehmen korrigieren.
- Heutige Organisationen verzerren oder unterdrücken Informationen häufig – Wissen ist (oft) Macht. In der Zukunft müssen wir daher dafür sorgen, daß Informationen nicht nur „nach oben“, sondern überall hin verteilt werden. Wie beim holländischen Bausparberater Viisi sollte „radikale Transparenz“ vorherrschen: „alles ist öffentlich - solange es ist nicht schädlich ist“. So daß Strategie zu einem unternehmensweiten Dialog wird, an dem jeder teilhaben kann. Mehrdeutigkeit und Schweigen sind die größten Feinde der Integrität - warum sollten unsere Management-Meetings nicht für alle offen sein?
- In Bezug auf Organisationsstruktur und Machtverteilung eignet sich eine zentralistische, hierarchische Struktur einfach nicht für dezentrales Experimentieren und Lernen. ING war eine der ersten Banken, die agile Strukturen weltweit in großem Maßstab eingeführt haben. Und ich glaube, daß wir (und andere) bewiesen haben, daß Agilität mehr Flexibilität innerhalb der Organisationspyramide bieten und Selbstorganisation und funktionsübergreifende Informations- und Entscheidungsflüsse ermöglichen kann. Nichtsdestoweniger habe ich auch viele agile Transformationsprojekte in Schwierigkeiten gesehen, weil sie sich nie wirklich mit den bestehenden Hierarchie- oder Eigentümerstrukturen befaßt haben.
- Auf „Agile“ folgend, werden wir meiner Meinung nach immer häufiger sogenannte „ambidextre“ (also „beidhändige“) Organisationen sehen, die gleichzeitig die effiziente Optimierung des bestehenden Geschäftes und das flexible Erforschen des Neuen ermöglichen, aber damit wird es nicht aufhören... Wir erleben bereits heute Experimente mit anpassungsfähigen Netzwerken von Teams, marktorientierten internen Ökosystemen und Kleinstunternehmen wie bei Haier, und miteinander verbundene partizipative „Kreise“ in dezentralisierten Organisationssystemen wie der Holokratie und Soziokratie.
- In Bezug auf Managementprozesse erfordert organisatorisches Lernen sowohl Ordnung als auch Freiheit. Bill Torbert spricht hier von sog. „befreienden Strukturen“ wie Prinzipien, Rollen, Routinen, Ritualen, Methoden – die zu einem „generativen Dialog“ verhelfen, an dem so viele Menschen wie möglich beteiligt sind. Gerne ignoriert, benötigt Lernen außerdem Mechanismen zur Bewältigung kreativer Spannungen und Konflikte – Innovation ist im Kern immer auch „kreative Zerstörung“ und wenn wir unsere Meinungsverschiedenheiten einfach unter den Teppich kehren, werden wir letztendlich durch unsere eigene Empathie ruiniert. Wir brauchen „konstruktive Impertinenz“ und eine „gesunde Respektlosigkeit“ gegenüber Gruppendenken und Vorgesetzten! Und da gänzliche Einigkeit komplexe Systeme naturgemäß überwältigen würde, benötigen wir Verfahren, um „Zusammenarbeit mit Vielfalt“ explizit zu fördern und nicht einfach eine Einheitsmeinung, sondern gemeinschaftlichen „Konsent“ zu erzielen (siehe Beschlußfassung in der sog. Soziokratie).
- Abschließend müssen wir außerdem zuweilen anachronistische Praktiken im Personalwesen oder in der Finanzabteilung anpassen. Supportfunktionen müssen agil werden - aber nicht nur durch ihre Reorganisation in „Tribes und Squads“, sondern durch die adäquate Anpassung ihrer Praktiken, um unternehmensweites Lernen wirklich zu fördern. Viele dieser Prozesse haben symbolische Wertigkeit und eine hohe Signalwirkung.
Vom Leistungsmanagement zu partizipativer Führung und gegenseitiger Entfaltung
Ein Prozess, der meiner Meinung nach besondere Aufmerksamkeit erfordert, ist das Leistungsmanagement - oft der Eckpfeiler einer veralteten, behavioristischen Weltanschauung:
- Zielfestlegung: Anstatt alle Jahre wieder umständliche Top-Down-Kaskaden endloser KPIs zu zelebrieren, und zu versuchen, das Unkontrollierbare kontrollierbar zu machen, sollten wir vielmehr in die gemeinsame Besprechung, Ausrichtung und Verabredung von Zielen für Mitarbeiter und Teams investieren. Und nicht nur bezüglich dessen, was wir tun, sondern auch im Hinblick darauf, wie wir miteinander arbeiten und wie wir unser Wissen und Fähigkeiten fortwährend wechselseitig erweitern. OKRs („Objectives and Key Results“) sind ein strategischer Ansatz für kollaboratives und partizipatives Management, nicht einfach ein neues MBO („Management by Objectives“)! Im Finanzbereich müssen wir zuweilen starre mittelfristige Finanzplanungs- und Ressourcenzuweisungsprozesse weiterentwickeln, damit sie endlich flexibel werden und über altmodisches Budgeting hinausgehen. Ich hoffe, daß viele von uns während der Pandemie verstanden haben, daß unser Standardritual des Budgeting - in dem wir aufgrund von historischen Kennzahlen versuchen, die Zukunft vorherzusagen und zu kontrollieren - einfach nicht funktioniert. Und von jährlichen Zieldefinitionen und Budgets müssen wir weg zu kurzen, regelmäßigen Entwicklungs-Sprints.
- In Bezug auf Leistungsfeedback: Hier muß Engagement kontinuierlich werden, Selbstreflexion und Peer-Coaching erleichtern und sich vom rückwärtsgewandten „Feedback“ zum stärkenorientierten „Feed Forward“ entwickeln. Außerdem bewegt sich unser Fokus weg von einzelnen „Leistungsträgern“ und hin zur Teamdynamik - wie Manfred Kets de Vries oft anmerkt, „funktionieren viele Führungsteams nicht“.
- Beim Thema Leistungsbeurteilungen müssen wir endlich von traditionellen Ranglisten, Normalkurven und unwirksamen Bewertungssystemen Abschied nehmen! Es gibt mittlerweile reichlich Literatur, die beweist, daß diese schlichtweg nicht funktionieren.
- Und, abschließend, in Bezug auf Einstellung, Beförderung, Fortbildung und Vergütung von Führungskräften – diese müssen in viel höherem Maße auf ethischen Werten und relationalen Fähigkeiten beruhen, anstatt allein auf Konformität und klassischen Kontrollkompetenzen. Und in L&D (Learning & Development) sollten wir partizipatives Peer-to-Peer-Lernen und transparente, kompetenzbasierte Vergütung („skill-based compensation“) weiter ausbauen.
Natürlich müssen wir unsere Support-Prozesse auch digitalisieren, aber es geht vor allen Dingen darum, Mechanismen und Denkweisen für wirklich agile Zusammenarbeit zu installieren, um sicherzustellen, daß nach und nach all unsere Organisationspraktiken voll und ganz der Unterstützung unser Mitarbeiter und dem Erreichen von nachhaltigen Unternehmenszielen zugutekommen. Und vielleicht ist ja endlich der Moment gekommen, um „Human Resources“ (oder: Personalabteilungen) umzubenennen – der Name „HR“ spiegelt schlichtweg nicht den Wert wider, den unsere HR-Kollegen im Unternehmen erbringen können!
Bei alledem müssen wir uns jedoch fortwährend bewußt bleiben, daß wir nicht einfach irgendwelche „Erfolgsrezepte“ kopieren können - wie gesagt ist jede Organisation einzigartig. Es wesentlich weniger wichtig, einheitliche allgemeingültige Antworten zu formulieren, als eine Umgebung dafür zu schaffen, daß Mitarbeiter die richtigen Fragen stellen, gemeinsam experimentieren und sich und die Organisation stetig weiterentwickeln.
Laßt uns gemeinsam unsere Organisationen von den Bändern der Hierarchie befreien! Damit sie im Laufe der Zeit zu florierenden Laboratorien für neue Ideen werden, in denen wir gleichzeitiges „Handeln und Forschen“ in allem, was wir tun, ständig integrieren. So daß wir stets gemeinsam schnuppern und kundschaften und experimentieren, während wir uns vorwärtstasten - in Teams und in selbständigen „Gemeinschaften des Lernens“.
Bewußt-entwicklungsorientierte Organisationen: Von Selbstwirksamkeit zu Aktivismus
Aber da ist noch mehr. Meiner Erfahrung nach bedeutet die Anpassung von Strukturen und Prozessen nicht unbedingt, daß Menschen Eigenverantwortung für gemeinschaftliches Wirken akzeptieren. Wie können wir also wirklich die kollektive Kreativität unserer Mitarbeiter entfesseln?
Seit Jahrzehnten werden wir darin geschult, Menschen als strikt rationale Verbraucher auf wirtschaftlichen Märkten zu betrachten. In unseren Unternehmen haben wir Menschen oft wie austauschbares Humankapital oder kontrollier- und auswechselbare „Ressourcen“ behandelt. Infolgedessen fühlen sich heute mehr als 75% unser Mitarbeiter nicht engagiert! Um in Zukunft wirklich adaptive Lernorganisationen aufzubauen, müssen Menschen wieder allererste Priorität haben. Wir müssen wieder lernen, die Einzigartigkeit unserer Teams zu schätzen und unsere Organisationen so zu gestalten, daß sie grundlegende menschliche Bedürfnisse erfüllen: Orientierungssinn, Zugehörigkeit, Autonomie, Selbstwertgefühl. Wahren Erfolg erreichen wir immer nur dann, wenn jeder Mensch im Unternehmen die Fähigkeit und die Möglichkeit hat, sich zu entfalten, seine Kreativität einzusetzen und Einfluß zu nehmen. Wenn aus individueller Selbstwirksamkeit gemeinsamer Aktivismus wird.
Dies wird nicht automatisch erfolgen. In einer Welt, in der wir alle viele unterschiedliche Masken tragen müssen, hat sich unsere öffentliche Identität immer weiter von unserem inneren Leben gelöst und es ist zu einer Herausforderung geworden, wirklich mit uns selbst und miteinander „zu sein“, was oft zu Dualismus und Spannungen führt. In einer kürzlich durchgeführten Umfrage gaben 76% von weltweiten Führungskräften an, Schwierigkeiten dabei zu haben, bedeutungsvolle Verbindungen zu Teamkollegen herzustellen. Diesbezüglich hängt meiner Meinung nach alles was gemeinhin als „psychische oder mentale Gesundheit“ bezeichnet wird, grundsätzlich mit zwischenmenschlichen Prozessen zusammen – wie Alfred Adler einmal suggerierte sind „alle Probleme Beziehungsprobleme“. Das erklärt vielleicht auch, warum die Pandemie einen solch mächtigen Einfluß auf unsere Gemüter hat.
Aus diesem Grund investieren wir in sogenannten bewußt-entwicklungsorientierten Organisationen („Deliberately Developmental Organisation“, DDO) ausdrücklich in die Fähigkeit aller Mitarbeiter, individuell und gemeinsam unter den sprichwörtlichen „Eisberg“ zu blicken, um eigene Vorurteile und Bedürfnisse, Ängste, Bindungsstile, Abwehr- und Bewältigungsmechanismen zu erkennen, und dadurch die Befähigung zur Selbstverwirklichung und zum gemeinsamen Schaffen im Dienst der Gemeinschaft und des Gemeinwohls zu stärken. Wie man so schön sagt, ist unsere „innere Welt ist unsere äußere Welt“. Oder wie Frederique Laloux es einmal ausdrückte: „Wir können nur dann weit in das „Wir“ vordringen, wenn wir das „Ich“ vollständig bewohnen.“
Letztendlich können wir „Flow“, persönliche Entwicklung und letztendlich „Glück bei der Arbeit“ ermöglichen, indem wir Wünsche und Kompetenzen von Kollegen mit sinnhaften Aktivitäten in Einklang bringen. Und es ist ganz entscheidend, wie Menschen über ihr Leben und Ihre Arbeit denken: wenn Menschen glücklicher sind, „handeln sie nicht nur schlauer - sie sind schlauer“. Wobei es beim Glück, wie schon Aristoteles postulierte, weniger um Vergnügen, Wohlstand oder Einkommen geht, oder wie viele Follower wir bei Twitter haben oder, immer all das zu bekommen, was wir wollen - sondern um Wachstum. Es geht vor Allem darum, unseren eigenen Charakter während unseres Lebens durch virtuose persönliche Entwicklung zu entfalten, und solche Tugenden und Beziehungen zu pflegen, die uns zu „guten Menschen“ machen.
Organisationskultur: Bewusstseinsbildung – von Furcht zu Nächstenliebe
Dies bringt uns zum Thema Organisationskultur. Laßt mich Euch einmal direkt fragen, ob Ihr das Gefühl habt, daß Eure Ideen problemlos in den ersten Reihen Eurer Organisation Gehör finden? Falls nicht, seid ihr nicht allein. Nur 20% aller Mitarbeiter glauben, daß ihre Meinung wirklich zählt und 70% berichten, daß neue Ideen auf Feindseligkeit stoßen!
Unternehmenskultur wird oft als „die Art und Weise“ definiert, „in der wir Dinge hier tun“ - was ein wenig unpräzise ist. Für mich persönlich bezieht sich Kultur insbesondere darauf, wie wir miteinander umgehen und was uns wirklich wichtig ist. Wem wird zugehört, und wem nicht? Was ist erlaubt und was nicht? Was wird gesagt und was verschwiegen? Und wie treffen wir wirklich unsere Entscheidungen? Wenn wir menschenorientierte Organisationen entwickeln wollen, müssen wir aktiv ein Umfeld psychologischer Sicherheit, Offenheit, Gemeinschaft und Solidarität fördern, in dem sich die Menschen wirklich zur gegenseitigen Zusammenarbeit bekennen. Kultur ist nicht nur ein schickes Plakat an der Wand in der Unternehmenskantine - schaut Euch also einmal Eure Terminkalender an und zählt nach, wie viele Stunden Ihr mit Eurem Team monatlich dem Thema Kultur widmet, insbesondere in Zeiten von Corona und Arbeit auf Distanz!
Die schlichte Wahrheit ist, daß wir uns unserer Kultur wirklich bewußt werden müssen - und das nicht nur innerhalb der Organisation, sondern in unserem gesamten Ökosystem, und nicht nur im Vorstand, sondern in der gesamten Firma, innerhalb all unserer Abteilungen und Teams. Wir müssen gemeinsam einen Raum schaffen, in dem unsere Organisationskultur explizit besprochen, vereinbart, gepflegt und verinnerlicht wird. Wie man so schön sagt, „Kultur ißt die Strategie zum Frühstück“: wenn wir unsere Kultur nicht aktiv gestalten, dann gestaltet sie uns - und "wir werden zum Frühstück".
Ich bin der festen Überzeugung, daß dieser Prozeß einen Abschied von betagten Weltbildern und mentalen Metaphern erfordert - anstatt Organisationen als „seelenlose Maschinen oder humane Fließbänder“ zu begreifen, die wir optimieren, indem wir uns immer mehr spezialisieren, Informationen und Macht streng kontrollieren, und allerseits mit Karotten und Peitschen regieren, müssen wir anfangen, Organisationen als komplexe Entwicklungssysteme zu begreifen - als „lebendige Organismen“ mit Verstand und Herz und Seele. Wo bedeutungsvolle, emotionale Bindungen, Gemeinschaft und Vertrauen vorherrschen und wo Mitarbeiter und Teams gemeinsam erleben, lernen und sich entwickeln - im Dienste eines regenerativen Unternehmenszwecks. In denen Einfluß und Autorität sich von Rang und Position unterscheiden und wo Mitarbeiter frei experimentieren können – und wo viel mehr Mitarbeiter zu ihren „eigenen CEOs“ werden. Vom Handeln zum Sein, und von Dominanz und Angst zu Solidarität und Nächstenliebe, dem gegenseitigen Wachstum verpflichtet.
Mehr noch als in Strukturen, Methoden oder Werkzeugen liegt der Unterschied in Grundprinzipien: in Humanokratien „sind Menschen das Kerngeschäft unseres Geschäfts“.
Führung: Von Ego zu Öko
Genau hier stecken meiner Erfahrung nach die meisten unserer Organisationen fest. Warum? Ich sage es ja ungern, Kollegen und Freunde, aber ich glaube, es liegt sehr oft an uns. Die Reife einer Organisation kann niemals über die Reife und das Bewußtsein ihrer Führung hinauswachsen. Wenn höheres Bewußtsein und tieferes Verständnis nicht vorherrschen, besitzt ein System nicht die Stabilität, die Vergangenheit loszulassen und zu einem neuen Modell überzugehen.
- Wenn unsere Definition von Erfolg da lautet: „Vom VP zum SVP und zum EVP aufzusteigen“, herrscht Hierarchie. Wenn wir andere dominieren, um unser eigenes Ego aufrechtzuerhalten, werden Menschen um uns herum sich nicht verwirklichen. Wenn wir kontinuierlich versuchen, ein unberechen- und unkontrollierbares Umfeld mit immer größerer Starrheit zu kontrollieren, wird Selbstorganisation zugrunde gehen. Und wenn wir verzweifelt versuchen, die Komplexität unserer heutigen Welt in unsere eigenen kognitiven Grenzen zu zwingen, werden wir letztendlich scheitern.
- In einer Welt der Selbstorganisation gibt es für patriarchalische Oberbefehlshaber, die durch hierarchische Macht und Dominanz regieren, keinen Platz mehr. Agile Führungskräfte konzentrieren sich auf das Warum und nicht auf das Wie. Entscheidungen werden immer auf der niedrigstmöglichen Ebene in der Nähe des Kunden getroffen.
- Anstatt Menschen zu sagen, was sie tun sollen, müssen Führungskräfte heute Experten für Aufbau, Gestaltung, Pflege und Weiterentwicklung von partizipativen Organisationssystemen sein; für Coaching von Mitarbeitern und Teams; und für gemeinsame Schaffung eines sich kontinuierlich weiterentwickelnden unternehmerischen Auftrags.
- In so einer neuen Welt brauchen wir Chefkommunikatoren, die sich den Respekt ihrer Kollegen verdienen, indem sie persönliche Opfer bringen, um dem kollektiven Wohl zu dienen. Und Chefcoaches, die ein kraftvolles „kulturelles Magnetfeld“ erschaffen - indem sie ihre Nadeln wie Akupunkteure im „organisationalen Körper“ plazieren, um Energieflüsse freizulegen und um psychologischen Sicherheit und Vertrauens zu fördern; Transparenz und Fehlertoleranz zu stärken; und Dankbarkeit, Mitgefühl und Freundlichkeit vorzuleben.
Ein solch neues „transpersonales“ Führungsparadigma ist mehr als nur EQ - es integriert intellektuelle, emotionale und spirituelle Intelligenz. „Dienerführer“ (servant leaders) „führen über das eigene Ego hinaus“, schreibt John Knights, und lassen sich Zeit zu Bewußtsein und Reflexion, anstatt ständig in Aktion zu treten; sie lassen los, um verletzliche „Imperfektionisten“ zu werden und schaffen aktiv Raum um anderen dabei zu helfen, Selbstverwirklichung und tieferen Sinn zu erlangen.
John Quincy Adams stellte einmal fest, daß wir nur dann wirklich Führungskraft sind „wenn unsere Handlungen andere dazu inspirieren, mehr zu träumen, mehr zu lernen, mehr zu tun und mehr zu werden.“ Für traditionelle Manager, die die Karriereleiter dank immer ausgefeilterer Kontrolle ihrer selbst und anderer erstiegen haben, ist dies eine schwierige Herausforderung: "Was uns bis hierher gebracht hat, bringt uns nicht weiter."
Aber wie können wir über uns selbst hinauswachsen? Was bringt den Durchbruch? Wie sicher viele von Euch, habe ich den größten Teil meiner Karriere damit verbracht, zu versuchen, ein "guter Anführer" zu werden. Wenn ich allerdings völlig ehrlich mit mir bin, war es mir wohl doch oft wichtiger, "Erfolg oder recht zu haben", als bescheiden die eigene und allgegenwärtige Unsicherheit zu akzeptieren und einfach nur intensiv zuzuhören, um von anderen zu lernen.
Ich habe längst noch nicht alle Antworten, aber meiner Erfahrung nach erfordert persönliches Wachstum nicht einfach mehr Trainingkurse und Businessbücher, sondern eine sogenannte „vertikale Entwicklung“ – wir müssen uns unseren eigenen Schatten und Emotionen stellen, restriktive mentale Modelle loslassen und genau hinhören, wie unsere „Seele an die Tür unseres Egos klopft“. Verantwortungsbewußte Leader, sagt Manfred Kets de Vries, werden nicht nur einmal geboren sondern zweimal - durch schmerzhafte „Individuation“, bei der sich jeder Sieg des Selbst wie eine „Niederlage des Egos“ anfühlt, bis wir am Ende uns selbst und alle Facetten eines miteinander verbundenen Ganzes erkennen.
Bewußtsein ist Selbstüberschreitung
Vor allem aber glaube ich, daß wir uns die Zeit dafür nehmen müssen, zu reflektieren und wirklich zu verstehen, was uns persönlich wichtig ist... Zu fühlen, wie alles tief miteinander verbunden ist. Uns selbst und unseren Nächsten zu "lieben" in Verbundenheit von gegenseitiger Wertschätzung und Wachstum. Dem Leben und der Gemeinschaft zu dienen, jenseits der Grenzen unseres eigenen Egos.
Wie auch in Bezug auf unsere Organisationen müssen wir die Bedeutung unserer eigenen Welt neu ausloten - erst wenn wir uns schließlich bewußt werden, wer wir wirklich sind und wofür wir wirklich stehen, können wir Ängste und den Wunsch nach ständiger Kontrolle loslassen.
Wie Mark Twain einmal so treffend sagte, "sind "die zwei wichtigsten Tage in unserem Leben der Tag unserer Geburt und der Tag, an dem wir herausfinden, warum wir geboren wurden." Und ich kann Euch versichern: sobald man sich einmal voll und ganz dazu verpflichtet hat, einer höheren Berufung zu dienen als nur sich selbst, verändert sich synchron - wie von Magie - auch die Welt um einen herum.
Und plötzlich ist Führung nicht mehr eine Elite auserkorener Alphapersonen, mit vermeintlich außergewöhnlichen Eigenschaften, und nicht einmal mehr eine Rolle, sondern ein fortwährender Prozeß der kollektiven Evolution und des sukzessiven Loslassens von Autorität, um das einzigartige Potential in allen freizusetzen; der Selbstentfaltung von Menschen, die nicht länger nur Opfer von Umständen sind, sondern zusammen neue Möglichkeiten schaffen; die gemeinsam lernen, wie man eine verantwortungsvollere Zukunft gestalten kann.
Letztendlich ist Führung eine gemeinschaftliche und regenerative Fähigkeit, eine „ökozentrischer“ Energie - was wir gemeinsam zum Leben erwecken können. Nicht durch Top-Down-Transformationen oder organisatorische Urknalle, sondern selbstlernend durch Netzwerke von Teams und kontinuierliche gemeinsame Adaptation.
Jenseits von Agilität… Auf dem Weg zu "Teal"
Abschließend möchte ich Euch noch eine letzte Überlegung anbieten: es hat mich selbst viele Jahre gekostet, um zu erkennen, daß eine nachhaltige organisatorische Transformation nur durch gleichzeitige individuelle Transformation möglich ist. Wir alle sind das System.
Allerdings bedeutet das auch, daß jeder von uns die Macht - und ich glaube auch die Verantwortung – dazu hat, unsere Beziehungen und Organisationen nachhaltig zu verändern, ausgehend von dem tiefen Wissen und Gewissen, wer wir wirklich sind, und dadurch, daß wir tief-bewußt mit uns und unserem Umfeld interagieren. Wir alle können die Emanzipation unserer Organisationen vorantreiben und schrittweise die Strukturen, Prozesse und Kulturen schaffen, die erforderlich sind, um ein Umfeld für Selbstverwirklichung und das kollektive Erschaffen eines sich fortwährend entfaltenden nachhaltigen Unternehmensziels zu ermöglichen.
Und gemeinsam können wir letztendlich ein neues gesellschaftliches Narrativ verfassen, das die Grenzen des heutigen sozialen Materialismus überwindet. Sodaß Arbeit wieder Würde hat und es beim Erfolg nicht nur um Geld, sondern auch um Mitgefühl, Gemeinschaft und Charakter geht.
Doch diesbezüglich mußte ich ebenfalls lernen, daß wahre Berufung (Purpose) nicht nur schöne Poesie oder großspurige Absichtserklärung ist, sondern auch das, was wir persönlich bereit sind aufzugeben oder wofür es sich zu leiden und zu kämpfen lohnt. Wie Augustinus, der heilige Kirchenvater, einmal sagte: „Die Hoffnung hat zwei schöne Töchter; Ihre Namen sind Wut und Mut. Die Wut über den Zustand der Dinge und den Mut dafür zu sorgen, daß sie nicht so bleiben, wie sie sind. “
Ich hoffe sehr, daß einige von Euch dazu inspiriert sind, diesen historischen Moment zu nutzen, um Euren und den Kurs Eurer Betriebe zu überdenken. Die Entwicklung von Technologie und Daten birgt sowohl kritische Chancen als auch gewaltige Herausforderungen. Die gegenwärtige Pandemie zeigt die Schwäche unseres Gesellschaftsvertrags und die wirtschaftlichen Blockaden werfen ein grelles Licht auf bestehende Ungleichheiten - und schaffen sogar neue. Und mein Herz leidet mit denjenigen, die in ihrem Leben, ihrer Karriere und ihrer Gesundheit ernsthaft von COVID betroffen sind.
Heute ist für uns alle eine wichtige Zeit, um uns in die „erste Reihe unseres Lebens“ zu setzen und bewußte Entscheidungen zu treffen. Wie ich bereits am Anfang sagte: Wir haben unsere Zehen im Wasser und müssen jetzt ins kalte Wasser springen! Nicht als Kontrolleure, sondern als gemeinsame Diener einer größeren Sache, und nicht mit einem perfekten Plan, sondern indem wir irgendwo anfangen und uns stetig anpassen und weiterentwickeln, während wir vorwärtsgehen…. „Man kann sich nicht in eine neue Art des Handelns hineindenken – man muß sich in eine neue Art des Denkens hineinhandeln“!
Zuallerletzt ein großes Dankeschön an all jene, die meine bisherige Reise angeregt und beeinflußt haben, sowie an Felho und das gesamte Craft Hub-Team und ihre Partner für die Organisation dieses wunderbaren virtuellen Gipfels. Und natürlich an alle Teilnehmer – gerne sehen wir uns bei LinkedIn wieder und setzten das Gespräch fort.
Laßt uns gemeinsam die Ärmel hochkrempeln und unsere Organisationen neu gestalten, um unsere Wirtschaft und Welt positiv zu verändern. Laßt uns über uns selbst hinauswachsen und unsere Ängste überwinden, um mehr Mitgefühl und Nächstenliebe in diese Welt zu bringen - in einem Moment, in dem sie wahrhaftig dringend gebraucht werden. Laßt uns eine fünfte Revolution anstoßen, und unsere Betriebe und unsere Gesellschaft besser, stärker und gemeinsam neu aufzubauen!
Wir sind keine Führungskräfte, weil wir herrschen. Wir sind führend, weil wir uns der nachhaltigen Fürsorge unserer Organisationen verpflichtet haben. Wenn nicht wir, dann wer. Wenn nicht jetzt, dann wann?
Community Builder @Oxford Leadership & Purpose PATH Coach | Unleashing Heroes 🦸🏼♂️ | Forbes 30U30 Social Entrepreneur
3 JahreOtti Vogt vielen Dank für deinen Artikel! Freue mich bereits auf deine Rede und Beteiligung an der TEAL Teal Around The World Konferenz. Beste Grüße aus Peking!
Dipl.-Psych. │ Ich unterstütze Führungskräfte und ihre Teams dabei, rundherum* erfolgreich zu sein.
3 JahreVielen Dank, Klaus, für Deine Gedanken. Ich finde ja, sie betreffen uns alle, nicht nur diejenigen unter uns in Führungsrollen. Wir tun uns schwer mit diesen beiden Seiten in uns, seit ewigen Zeiten und gehen gegen die "inhumane" mit Zuschreibungen und Bewertungen, Geboten, Regeln und Strafen an, und bekommen sie doch nicht "in den Griff". "Humanität" ist erhebend und inspirierend, lese ich von humanen Gesten oder Inititativen geht mir das Herz auf. Aber so lange wir das "Inhumane" in uns oder gar dessen (zumindest subjektiven) WERT, nicht anerkennen, so lange bleiben wir im anstrengenden Kampf dagegen stecken und finden eben NICHT die Wege und Konzepte, von denen Klaus spricht... die uns auch als Führungskräfte den Alltag "leichter" machen würden.
Irritation im Kontakt: zertifizierter Coach für wirksame Veränderung
3 JahreHm, ich bin mir noch nicht sicher, was an Ihrem skizzierten Führungs-Bild "beyond" agile ist. Und was die ING angeht - zumindest in Deutschland sind sehr massiv Menschen, die lange Jahre loyal und gut gearbeitet haben, im Zuge der Einführung von Agilität ausgetauscht worden. Mit guten wirtschaftlichen Angeboten zugegebenermaßen. Aber auch mit der Botschaft, als "Alter" nicht das "Neue Denken" zu blockieren. Wenn das mit "Jenseits von Agilität" gemeint ist, bin ich abgehängt. Dann engagiere ich mich weiterhin als Agile Coach darin, auch Führungkräfte meines Alters mitzunehmen, Brücken zu bauen und beim Wachstum der humanen Zusammenarbeit zu unterstützen. Etwas, wofür es übrigens in Zeiten "agiler Transitionen" viel mehr Offenheit und Möglichkeiten gibt als in den zwei Jahrzehnten davor, in denen ich Projektleiter unterstützte. Also lasst uns erst einmal die Möglichkeiten, die sich durch Veränderungen in Richtung Agilität ergeben, auf humane Weise nutzen. Nach meiner Wahrnehmung ist "Beyond" noch etwas zu früh.
Senior Student, retired CEO and Business Coach
3 JahreIch muss die Folien noch anschauen. Als langjähriger EX CEO wäre aber ein konkreter Vorschlag, der ein Signal für das Ärmelaufkrempeln sein könnte, dass die „masturbationsartigen“ , angeblich Temperatur der Welt messenden Berichte über den DAX und Co. aus Tagesschau/Heute in Sonderkanäle verbannt werden. Und das dieses absurde und einseitige Framing der Menschen aufhört, was Erfolg ist und was nicht. Und dafür darüber berichtet wird, wo wirklich etwas an gemeinwohlorientierter unternehmerischer Wertschöpfung geleistet wird. (Stichwort Mittelstand... Stichwort systemrelevante Organisationen im grossen, wie im Kleinen) Und zum Abschluss vielleicht...wenn es um „neue Leader“ geht, sollten vor allem auch diejenigen mit gemeint sein, die mit ihrem Kapital die eigentliche Vision,Ziele und Strategie bestimmen. CEOs sind viel weniger mächtig, als es in der Öffentlichkeit und den Medien rüberkommt. Und es gilt Maya. Most advanced but yet acceptable. Und genau das bestimmt den Rhythmus der Veränderung.
Alles Leichte ist schwer, bevor es leicht wird. Preisträger des Psychologie Awards 2024 | Top-HR-Influencer 2024 | Bestseller-Autor
3 JahreHallo Otti Vogt , habe ein paar Tage gebraucht, um die Zeit zu finden, die Folien zu studieren. Ich finde das eine schöne Zusammenstellung und viele wertvolle Impulse. Gleichwohl beschleicht mich bei so kluger Kritik an den bestehenden Verhältnissen und dem Appell für Neues immer die gleiche Frage: Wie kommt es, dass die Verhältnisse so sind, wie sie sind? Wenn doch die allermeisten Menschen für so ganz andere Werte sind und sich nach dem Sieg der Humanität sehnen, kann es wirklich an den Wenigen liegen, die zwar Menschen sind, aber trotzdem inhuman? Mit scheint da eine Lücke im Nachdenken über eine andere Zukunft zu herrschen. Was, wenn wir alle, also auch Du und ich, nicht nur humane, sondern eben auch inhumane Potentiale haben? Dann wäre der Appell, dass alle sich nur auf die konstruktive, humane Seite stellen sollten, zu kurz gesprungen. Ich habe zu lange in meinem Leben religiöse, spirituelle, humane, soziale und mildtätige Organisationen und Gruppen beraten, als dass es mich überzeugen würde, es gäbe dort keine Destruktivität, Mißgunst, heimliche Vorteilsnahme und kein Ausnutzen von Machtpositionen. Daher - es braucht auch Konzepte, die es erlauben, damit zurecht zu kommen.