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„Es darf bei den Mobilitätskonzepten kein ‚entweder oder‘ geben“ – Interview mit Monika Dernai, BMW

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Geschrieben
06 Oktober 2022
Thema
Mobilität
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Als Leiterin des Teams Urbane Mobilität in der Unternehmensstrategie der BMW Group unterstützt Monika Dernai Mitarbeitende und Akteure der Lieferketten von BMW weltweit dabei, die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens aktiv zu verfolgen. Ihr Team ist außerdem für die Analyse von Mobilitätsdaten sowie für Smart City-Projekte zuständig, und arbeitet eng mit dem Digital Hub Mobility zusammen.

"Die Netzwerk-Partnerschaft mit dem Digital Hub Mobility ist für die BMW Group dabei sehr wertvoll: Sie bietet uns eine Austauschplattform, um mit anderen Unternehmen Trends zu diskutieren und einzuordnen. Pilotprojekte bei citizen mobility oder in der Digital Project School bringen uns wertvolle praktische Erkenntnisse", sagt Monika Dernai.

Wir haben mit ihr darüber gesprochen, wie BMW sich nachhaltige Mobilität der Zukunft vorstellt.

Bis 2030 will BMW über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg mindestens 40 Prozent der CO2-Emissionen ihrer Fahrzeuge senken. Wo steht BMW aktuell und wie realistisch ist dieses Ziel?

Der größte Hebel in der CO2-Reduktion ist die Nutzungsphase der Fahrzeuge. Bis 2030 sollen diese CO2-Emissionen um 50 % je gefahrenem Kilometer reduziert werden. Und die BMW Group ist hier auf einem guten Weg: Wir haben auch im Jahr 2021 die CO2-Emissionsziele in der Europäischen Union übererfüllt.

Außerdem setzen wir die Elektrifizierung unserer Produktpalette konsequent fort, angetrieben durch die wachsende Nachfrage der Kundinnen und Kunden sowie durch regulatorische Vorgaben. Bereits bis 2025 soll der Anteil elektrifizierter Automobile an den Gesamtauslieferungen auf mindestens 30 % ansteigen.

Im Jahr 2030 soll mindestens die Hälfte der weltweiten Fahrzeugauslieferungen der BMW Group auf vollelektrische Fahrzeuge entfallen. In den nächsten zehn Jahren planen wir zudem, etwa 10 Mio. vollelektrische Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Bei der Reduktion von CO2-Emissionen in der Lieferkette spielt der Einsatz von Grünstrom die größte Rolle. Wir haben bereits mehr als 20 Millionen Tonnen CO2-Einsparungen bis 2030 mit unseren Lieferanten vertraglich vereinbart. Ein konkretes Beispiel: mit Ökostrom produziertes Aluminium vermeidet bis 2030 2,5 Millionen Tonnen CO2.

In der Produktion ist bis 2030 die Senkung der CO2-Reduktion um 80 % vorgesehen. Wir kaufen bereits jetzt 100% Grünstrom ein. Weiterhin stellen wir mit dem Berichtsjahr 2021 die verbliebenen CO2-Emissionen unserer eigenen Werke und Standorte über die Nutzung freiwilliger Kompensationszertifikate bilanziell vollständig CO2-neutral. Das Werk Debrecen wird ab 2025 sogar komplett CO2 frei produzieren.


Welche weiteren Chancen sieht ein Automobilkonzern wie BMW für die eigene Zukunft?

Die BMW Group hat den Anspruch, der erfolgreichste und nachhaltigste Premiumhersteller für individuelle Mobilität zu sein. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, etablieren wir immer mehr und immer umfassendere Nachhaltigkeitslösungen. Gleichzeitig wollen wir unserer Verantwortung bezüglich sozialer und ethischer Standards gerecht werden. Es sind Ziele wie diese, an denen sich der Vorstand und das Top-Management messen lassen. Denn für die BMW Group steht fest: Wir haben den Anspruch, beim Thema Nachhaltigkeit voranzugehen.

Unser Umgang mit dem Klimawandel und mit begrenzten Ressourcen entscheidet über die Zukunft der Gesellschaft – und damit auch über die Zukunft der BMW Group als profitables Unternehmen. Wir sehen nicht nur in der Gesellschaft insgesamt, sondern immer mehr auch bei unserer Kundschaft einen klaren Trend in Richtung nachhaltiger Mobilität. Unser Ziel ist es, hier das beste Angebot zu unterbreiten. Premium und Nachhaltigkeit gehören untrennbar zusammen.

Unsere Untersuchungen und Daten zeigen, dass viele Stadtbewohnerinnen und Pendelnde immer noch auf ihre Fahrzeuge angewiesen sind und Zugang zu Städten benötigen.

Monika Dernai, Lead Sustainability Employees, Mobility

Wie geht BMW damit um, dass der motorisierte Individualverkehr zukünftig eine geringere Rolle spielen soll?

Unsere Überzeugung: Es darf bei den Mobilitätskonzepten kein „entweder oder“ geben. Menschen wollen nicht nur stur das eine oder das andere. Die Präferenzen sind je nach Situation andere. Unsere Untersuchungen und Daten zeigen, dass viele Stadtbewohnerinnen und Pendelnde immer noch auf ihre Fahrzeuge angewiesen sind und Zugang zu Städten benötigen. Fahrzeuge sind daher ein unverzichtbarer Bestandteil der Stadtlandschaft. Und deshalb sind wir davon überzeugt: Individuelle Mobilität hat weiterhin Zukunft – auch im urbanen Raum. Erst recht mit elektrifizierten Angeboten, und nicht nur zwingend auf vier, sondern auch auf zwei Rädern.


Wie steht BMW zu autofreien Innenstädten?

Die BMW Group begrüßt und unterstützt lebenswertere Stadtkerne, lehnt aber Verbote ab. Mit intelligenten Anreizsystemen und einem digitalen Verkehrsmanagement basierend auf der Vernetzung von Infrastruktur und Fahrzeugen, kann das Verkehrsaufkommen in den Städten erheblich reduziert werden. Schon seit ein paar Jahren steht die BMW Group daher in einem konstruktiven Austausch mit Metropolen weltweit – um gemeinsam Lösungen für eine nachhaltigere urbane Mobilität zu schaffen.


Welche Ideen und Konzepte braucht es aus Sicht von BMW für nachhaltige Mobilität und wie können wir alle dazu beitragen?

Wir glauben fest daran, dass Klimaschutz und Lebensqualität in Städten durch Innovationen erreicht werden können — nicht durch Verbote. Was den Unterschied ausmachen wird, sind Fragen wie: Wie können wir Fahrzeuge so emissionsarm wie möglich machen - in der Produktions- und Nutzungsphase? Wie können wir den Lebensraum in Städten sinnvoll und effizient nutzen, damit der Verkehrsfluss reibungslos und sicher verläuft und trotzdem genügend Erholungsgebiete zur Verfügung stehen? Welche multimodalen Transportdienstleistungen können wir unserer Kundschaft anbieten, die ihren Alltag erleichtern und den Verkehrsfluss und die Luftqualität verbessern? Auf all diese Fragen wollen wir Antworten geben. Deshalb setzen wir uns dafür ein, intelligente, ganzheitliche Lösungen in Städten zu entwickeln, die die Freiheit der individuellen Mobilität für alle bieten und gleichzeitig die Auswirkungen auf das Klima minimieren.

Vielen Dank für das Interview!

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