#challengeaccepted - ein Brief an mich in der Zukunft

Liebe Irène, @Dr. Irène Y. Kilubi (she/her/hers)

Danke nochmal für diesen sehr interessanten Impuls durch Deine Nominierung. 😊

Hier nun gern mein #briefanmich #lettertomyself:

Brief an mich in der Zukunft

Lieber Andy,

ich hoffe, es geht Dir gut, wenn Du diese Zeilen liest. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Du irgend etwas von dem, was ich in den letzten Woche erlebe, schon vergessen hast oder jemals vergessen wirst, möchte hiermit aber vorsorglich dennoch mit ein paar Zeilen festhalten, wie es mir gerade so geht.

Zwischen Ende Januar und Mitte März haben ja immer meine 3 wunderbaren Kinder Geburtstag. Die Reflexion dieser Feiern bildet heute die Basis für die wohl ewig währende Erinnerung an das Jahr 2020.

Bei J. waren wir noch alle zusammen ganz normal schön Essen, diesmal gab es dieses tolle Fondue-Buffet. Ein kleines Randthema war, dass da in China irgend so ein Virus ausgebrochen sein soll. 

Bei D. dann rd. 6 Wochen später waren wir bei Tomasa brunchen und wussten da schon nicht genau, ob und wann wir uns alle zusammen das nächste mal wieder an einem Ort versammeln dürfen. Was wir da aber definitiv noch nicht ahnten: es sollte der letzte Restaurantbesuch bis heute und wahrscheinlich mindestens noch bis in den bevorstehenden Sommer hinein gewesen sein.

An diesem Abend wurden dann alle Clubs, Bars und Restaurants dicht gemacht, das völlig absurd wirkende Foto von D. aus der leeren U-Bahn (in Berlin! an einem Samstag Abend!) hast Du ja noch auf dem Handy.

Was dann alles folgte nur auszugsweise in Stichworten (sonst wird es statt eines Briefs ein Buch):

⁃ der legendäre „Shutdown“, fast die ganze Welt wurde politisch in kurzer Zeit quasi außer Betrieb gesetzt

⁃ absoluter Ausnahmezustand auf Arbeit in der Bank (Berufung in die Taskforce Kredit des Krisenstabs; lesen, testen, prüfen und E-Mails von vor 6:00 bis nach 22:00 Uhr; Mission: alle Prozesse auf Homeoffice umbauen und gleichzeitig so viele Kunden wie möglich retten)

⁃ die Welt ist vor allem wirtschaftlich total aus den Fugen, alle Regierungen der Welt scheinen maßlos überfordert, es fehlt jede Struktur in den Entscheidungen bei völlig unübersichtlicher Informationslage 

⁃ die Bevölkerung ist total verunsichert, in Angst, man sieht fast nur noch leere, verärgerte oder panische Augenpaare über den verpflichtend zu tragenden Masken

⁃ Besuchsverbot bei Papa im Heim, hoffentlich schreitet die Demenz nicht so schnell weiter fort, dass er mich noch erkennt, wenn ich wieder hin darf

⁃ aktuell braut sich da eine Widerstandsfront zusammen, „das Volk“ scheint “genug“ zu haben, wie geht es in den nächsten Tagen und Wochen wohl weiter?...

Insgesamt geht es mir und meinen Lieben aber (verhältnismäßig sehr) gut. Wir haben mehr oder weniger (außer N. im Hotel akt. nur bedingt) Arbeit, sind gesund und man kann schon mal eine Weile auf viele Vergnügen verzichten. Also „einfach mal“ ein paar Wochen oder Monate kein Restaurant und Kino, keine Rockkonzerte, kein Training im Gym und keine Thermenbesuche. Dafür viel spazieren gehen (in der Woche mit Mitarbeitenden und Kollegen durch den Tiergarten, am Wochenende allein oder zu zweit am Stadtrand) und ich lerne u.a. auch, was man alles bei LinkedIn lesen, erfahren, lernen und sogar bewegen kann. 

Wenn Du das liest werden viele digitale Prozesse selbstverständlich sein. Wenn diese Krise hier nicht wäre, wären wir da definitiv nicht so schnell so weit gekommen!

Denke bitte immer daran: genieße es jeden Tag, dass Du machen kannst, was Dir gefällt. Nimm nichts einfach als selbstverständlich hin. Das war schon mal anders und wird es vielleicht auch mal wieder werden.

Ich bin ja ein sehr optimistischer Mensch. So denke ich jetzt auch: es wird schon alles wieder! Wie und in welchem Zeitraum, das weiß ich zur Stunde leider echt nicht. Es muss aber...

Alles Gute für die Zukunft.

Andy

update 22.05.2020: english version:

Letter to myself in the future

Dear Andy, 

I hope you're okay while you read these lines. I can't imagine that you have already forgotten or will ever forget anything of what I have experienced in the last week, but as a precaution I would like to write down how I am doing right now.

Between the end of January and the middle of March my 3 wonderful children always have their birthday. The reflection of these celebrations today forms the basis for the probably eternal memory of the year 2020.

At J.'s b-day we were all together eating as usual, this time there was this great fondue buffet. A small marginal topic was that some kind of virus is said to have broken out in China. 

At D.'s day about 6 weeks later we had a brunch at Tomasa's and we didn't know if and when we would be allowed to gather at one place next time. But what we definitely did not suspect: it should have been the last restaurant visit until today and probably at least until the upcoming summer.

On this evening all clubs, bars and restaurants were closed, the completely absurd looking photo of D. from the empty subway (in Berlin! on a Saturday evening!) you still have on your mobile phone.

What followed then here only in extracts/keywords (otherwise it will be a book instead of a letter):

⁃ the legendary "Shutdown", almost the whole world was politically put out of order in a short time

⁃ absolute state of emergency at work in the bank (appointment to the Credit Task Force of the crisis management team; reading, testing, checking and e-mailing from before 6:00 to after 22:00; mission: convert all processes to home office and save as many customers as possible at the same time)

⁃ the world is above all economically totally out of control, all governments of the world seem to be overwhelmed, there is a lack of any structure in the decisions with completely unclear information 

⁃ the population is totally unsettled, in fear, you see almost only empty, angry or panic-stricken pairs of eyes above the obligatory masks

⁃ no visiting dad in the nursing home, hopefully the dementia does not progress so fast that he still recognizes me when I am allowed to go back

⁃ currently a resistance front is brewing up, "the people" seem to "have enough", what will happen in the next days and weeks?

All in all, I and my loved ones are doing (relatively very) well. We have more or less (except for N. in the hotel, only limited) work, are healthy and it works without many pleasures for a while. So "just" for a few weeks or months no restaurant and cinema, no rock concerts, no training in the gym and no visits to the thermal baths. Instead, I get to walk a lot (during the week with staff and colleagues through the Tiergarten, on weekends alone or in pairs on the outskirts of town) and I learn, among other things, what you can read, experience, learn and even move at LinkedIn. 

When you read this, many digital processes will be taken for granted. If it weren't for this crisis here, we definitely wouldn't have gotten this far so fast!

Please always remember: enjoy every day that you can do what you like. Do not take anything for granted. That was different before and maybe it will be again.

I am a very optimistic person. That's how I think now: everything will be okay! How and in which time frame, I don't know at the moment. But it has to be ...

All the best for the future.

Andy

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