Wie sich Unternehmen zukunftsfit machen: eine Anleitung in 10 Schritten

Wie sich Unternehmen zukunftsfit machen: eine Anleitung in 10 Schritten

Besinnliche Tage und ein neues Vierteljahrhundert stehen vor der Tür. Die perfekte Zeit, um den Blick nach vorne zu lenken und sich Gedanken über eine gute Zukunft zu machen. Zukunft passiert nicht, sie wird kreiert. Dazu benötigen wir ein Zukunftsbild, wer und wie wir also in Zukunft sein wollen, als Individuum, als Unternehmen, als Gesellschaft. Das ist wie bei einem Navi: Ich muss ihm sagen, wo ich ankommen will, damit die Reise gelingt. Und je schneller wir unterwegs sind, desto weiter müssen wir nach vorne schauen.

Doch vielen Unternehmen ist die Zukunft abhandengekommen. Sie sind so sehr mit dem Hier und Jetzt beschäftigt, dass der Fortschritt immer weiter nach hinten rückt. „Wir wollen uns auf die nächsten Quartale konzentrieren. Jetzt ist kein guter Zeitpunkt, um etwas Neues auszuprobieren. Und die Zukunft läuft uns ja nicht davon“, sagt mir ein CEO. Das könnte Überraschungen geben. Denn „später“ ist in Hochgeschwindigkeitszeiten sehr schnell „zu spät“.

Der weite Blick nach vorn

Unser Hauptproblem ist ein fehlendes Zukunftsbild. Deshalb eiert alles so rum. Wir sind in Geschäftsmodellen verfangen, die in der Vergangenheit zwar funktionierten, deren Ende aber nun absehbar ist. Doch mit jedem Festhalten an Veraltetem wird besseres Neues verhindert. Der Erfolg von gestern sagt rein gar nichts über den Erfolg von morgen. Und niemand will mehr Ihren in die Jahre gekommenen Kram, sobald es besseres Neues gibt.

Ein gut gewähltes Zukunftsbild definiert, wer ein Unternehmen im Übermorgen sein wird, was es dort tut und wie es zum Wohl der Menschen beitragen will. Dies erzeugt eine energetisierende Strahlkraft, die die besten Talente anzieht und sie zur Hochform auflaufen lässt. Es ermöglicht, die besten Kunden für sich zu gewinnen und reichlich positives öffentliches Interesse auf sich zu ziehen. Wettbewerbsvorteile sind so gewiss.

Allem voran: die Zukunft verstehen

Nur der, der die Trends der Zukunft versteht und sich mit wachsamem Optimismus zukunftsfit macht, schafft es ins Übermorgen. Natürlich kennt niemand die Zukunft. Doch wir können Hypothesen erstellen für eine Zeit, die noch nicht da ist. Dazu denken wir uns zunächst in den langfristigen Zeithorizont rein. So entwickeln Futurologen und Zukunftsforscher mithilfe wissenschaftlicher Methoden Szenarien für Technologien und Industrien.

Solche Szenarien sind keine Prognosen, sondern spekulative Zukunftsbilder, die zum Nachdenken anregen sollen. Indem man sich damit befasst, springt man raus aus der Filterblase der eigenen Wahrnehmung und bleibt kontinuierlich an den Trendthemen dran. Jährliche Strategiemeetings reichen längst nicht mehr aus. Dreimonatige Updates sind Minimum, damit das Neue im gesamten Unternehmen rasch Fuß fassen kann.

Trendanalysen, Online-Recherchen, Insights aus fortschrittlichen anderen Branchen, Gespräche mit Zukunftsexperten und denen, die neue Technologien in die Welt bringen, bilden die Grundlage für die Vorausschau. Wen Sie nicht befragen: Ihre Kunden. Diese können zwar sagen, was ihnen heute fehlt, aber nicht, was sie in ein paar Jahren wollen werden. Sie sind, genauso wie die meisten Führungskräfte, keine Experten für Zukunftstechnologien und können deshalb auch keine Prognosen abgeben.

In 10 Schritten Zukunftsbilder kreieren

Die Suche nach zukünftigen Wachstumsfeldern muss sehr frühzeitig beginnen, denn Innovationen brauchen ganz einfach Zeit, bis sie marktreif sein. Deshalb ist ein Zukunftsbild so überaus wichtig. Es ermöglicht fundierte Einsichten in weit vorausliegende Entwicklungen im Umfeld des Unternehmens und seines Geschäftszwecks.

Die Verantwortlichen bekommen auf dieser Basis ein feines Gefühl für Chancen und Risiken, können rechtzeitig Anpassungen vornehmen, mit Bedacht Weichen stellen und müssen seltener auf unerwartete Ereignisse reagieren. Stehen Entscheidungen an, können sie auf „Vorgedachtes“ zurückgreifen sowie schneller und umsichtiger handeln.

Um all das in Gang zu bringen, empfehle ich folgendes 10-Schritte-Programm:

Schritt 1: Eine Future Taskforce zusammenstellen

Stellen Sie zunächst eine Future Taskforce zusammen. Diese ist crossfunktional, interhierarchisch, genderübergreifend, interkulturell und sowohl mit erfahrenen als auch mit jungen Leuten besetzt. Am besten involvieren sie im Vorfeld einen externen Profi, etwa einen Futurologen, der die maßgeblichen Trends mit den Teilnehmenden diskutiert und die jeweiligen Szenarien mitentwickelt. Die Erfahrung zeigt, dass firmeninterne Teilnehmer:innen unerwünschte Aspekte womöglich verharmlosen oder negieren, die erwünschten hingegen übertrieben optimistisch darstellen.

Schritt 2: Die Ausgangsfrage formulieren

Gleich zu Beginn wird eine Ausgangsfrage formuliert, etwa so: „In welcher Arbeits- und Lebenswelt werden wir uns im Zukunftsjahr X befinden?“ Noch zielführender ist eine Konkretisierung. Zum Beispiel klingt das bei einem Bauträger so: „Wie sieht die Lebenssituation Wohnen mit Blick auf Digitalisierung und Klimaaspekte in 20 Jahren in Berlin aus und welche Einflüsse werden auf Bauträger, Hausverwaltungen und sonstige Teilnehmer im Immobilienmarkt wirken?“

Schritt 3: Die Zielzeitachse bestimmen

Die zu wählende Zeitachse ist je nach Branche verschieden. So unterliegt die kurzlebige Modebranche ganz anderen Zeitzyklen als die sehr langfristig orientierte Bauwirtschaft. In aller Regel ist ein Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren sinnvoll.

Schritt 4: Die maßgeblichen Trends erforschen

Für diesen Schritt brauchen wir ausreichend Zeit und eine notwendige Menge an Vorlauf. Zunächst befassen wir uns mit den maßgeblichen Trends. Hierbei sind besonders die Langzeittrends von Bedeutung. Ergänzend sind die branchenspezifischen Trends zu betrachten. Wie Sie diese finden?

Namhafte Consulting-Firmen, führende Futurologen und Zukunftsforschungsinstitute haben mithilfe wissenschaftlicher Methoden und computergestützter Simulationen Szenarien für eine Vielzahl von Industrien, Märkten und Lebenssituationen entwickelt, die teils kostenlos auf deren Webseiten abrufbar sind. Wenn es speziell um technologische Entwicklungen geht, ist der Gartner Hype Cycle von Interesse, der unter anderem den Reifegrad einer jeweiligen Technologie zeigt. Vertiefende Online-Recherchen, Einblicke in fortschrittliche andere Branchen, Videos, Podcasts und Interviews mit Zukunftsexperten ergänzen die Analyse 

Schritt 5: Veränderungskräfte identifizieren

Hierzu betrachten wir die maßgeblichen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Einflüsse sowie die möglichen Triebkräfte, sogenannte Driving Forces, die von außen auf eine Branche und speziell auf das eigene Unternehmen langfristig einwirken können. Im Beispiel des Wohnens sind das die Demografie, der Wohnbedarf, Zu- und Abwanderung, die Einkommenslage, gesetzliche Vorschriften, Infrastruktur, Verkehr, Büro- und Gewerbeflächen, Shoppingverhalten, Energieversorgung, Wasserversorgung, Begrünung, Naturschutz, Smart City, Sicherheit und vieles mehr.

Schritt 6: Mögliche Szenarien entwickeln

Bestimmen Sie nun die Szenarien, mit denen Sie sich ausführlich befassen wollen. Ich empfehle, drei Szenarien aufzusetzen, zum Beispiel diese:

  • ein Beste-aller-Welten-Szenario,
  • ein Sehr-wahrscheinlich-Szenario,
  • ein Schlimmster-Alptraum-Szenario.

Bilden Sie für jedes Szenario eine eigene Arbeitsgruppe. Wichtig: Bei der Entwicklung der Szenarien geht es um mögliche Verläufe, nicht um das für ein Unternehmen machbare. Und ja, dabei müssen wir uns auch mit Alptraum-Szenarien befassen, um Klarheit darüber zu gewinnen, welche Zukunft wir für uns ganz sicher nicht wollen.

Schritt 7: Future Personas konzipieren

Kreieren Sie für jedes Szenario eine Future Persona, die in diesem Szenario lebt. Personas sind realitätsnahe prototypische Stellvertreter einer Personengruppe. Im Zukunftsmanagement beschreibt ein Persona-Profil einen zwar fiktiven, aber dennoch charakteristischen Menschen und sein Umfeld im anvisierten Jahr. Es beschreibt typische Handlungen, Eigenschaften, Vorgehensweisen und Erwartungshaltungen.

Stellen Sie sich dazu Fragen wie diese: In welcher Umwelt wird die prognostizierte Person im Zukunftsjahr leben? Wie wird sie arbeiten? Wo und wie wird sie kaufen und konsumieren? Von welchen Trends wird sie beeinflusst? Was sind die vorherrschenden Themen ihrer Zeit? Von welchem gesellschaftlichen Kontext ist sie umgeben, was wird dort wichtig sein und was sorgt für soziale Akzeptanz? Was wird diese Persona begeistern und was wird sie enttäuschen? Entwickeln Sie auf dieser Basis eine lebendige Story, die von einer Passage im künftigen Leben dieser Persona erzählt.

Schritt 8: Passende Handlungsfelder fixieren

Wählen Sie in diesem Schritt aus, mit welchem der Szenarien Sie sich näher befassen wollen. Die Teilnehmenden aus den nicht favorisierten Szenarien stoßen dazu, um zu bereichern oder vor potenziellen Gefahren zu warnen. Definieren Sie dann die Handlungsfelder, die sich für Ihr Unternehmen fortan ergeben. Unser Bauträger könnte sich dabei zum Beispiel auf Zukunftskonzepte wie Co-Living, Co-Working, Co-Gardening und Co-Mobility konzentrieren.

Schritt 9: Die Zukunftsstrategie definieren

Zunächst geht es nun um das Zukunftszielbild des Unternehmens, welche Idealpositionierung es also in dieser Zukunft haben will. Daraus wird eine Zukunftsstrategie abgeleitet. Dann werden die Etappenschritte definiert, die nötig sind, um die anvisierten Ziele zu erreichen. Um nicht der Gefahr zu erliegen, die Zukunft aus der Vergangenheit und Gegenwart einfach fortzuschreiben, bedienen wir uns der Retropolation, auch Backcasting oder Regnose genannt. 

Dabei wird, ausgehend von der beschriebenen Zukunft im Zieljahr, in festgelegten zeitlichen Schritten rückwärtsgehend abgeleitet, was jeweils bis zu einem bestimmten Zeitpunkt getan sein muss, damit die gewünschte Zukunft Wirklichkeit werden kann. So lautet die Frage im Fall eines Fünf-Jahres-Zeitraums: "Wenn wir in fünf Jahren ein Zielbild X erreichen wollen, welche Maßnahmen müssen in vier, drei, zwei, einem Jahr ergriffen worden sein, um dorthin zu gelangen?" Oder bei einem Alptraumszenario in zehn Jahren: „Welche Maßnahmen müssen in acht, sechs, vier, zwei Jahren ergriffen worden sein, damit uns das ganz sicher nicht passiert?“

Schritt 10: Umsetzungspläne initiieren

Nachdem die Handlungsfelder fixiert, Zukunftszielbild und -strategie definiert sowie die sich aus der Retropolation ergebenden Etappenschritte festgelegt sind, werden die notwendigen Umsetzungspläne entworfen. Auf diese Weise stolpern Unternehmen nicht länger durch die Umstände getrieben voran, sondern projektieren ihre Zukunft aus der Vorausschau heraus und in einem gesamtheitlichen Kontext. Wie all das ganz genau funktioniert, habe ich in meinem neuen Buch „Zukunft meistern“ ausführlich erläutert.


Zudem halte ich Impulsvorträge und Keynotes zum Thema. Sie enthüllen, an welchen Stellschrauben man am besten dreht, damit der Sprung in die Zukunft gelingt. Der Blick über den Tellerrand und eine Fülle von Quick Wins sind dabei entscheidend. Anhand vieler Beispiele zeige ich praxisnah und konkret, wie man es fertigbringt, sich für die Herausforderungen der kommenden Zeit hervorragend aufzustellen. Die Vortragsinhalte:

  • Die großen Megatrends der kommenden Zeit
  • Übermorgengestalter: die Zukunft der Unternehmen
  • Zukunftsfähige organisationale Strukturen schaffen
  • Passende Quick Wins für den Sprung nach vorn
  • So schaffen Sie es zu den Honigtöpfen der Zukunft

Interessant für Ihr nächstes Event oder eine Führungskräftetagung? Dann kommen Sie gern auf mich zu: [email protected]


Zugleich wünsche ich Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und alles Gute auf dem Weg ins Neue.

 

„Zukunft passiert nicht, sie wird kreiert.“ Dieser Gedanke trifft den Kern. In Zeiten, in denen Geschwindigkeit und Komplexität zunehmen, brauchen wir mehr denn je Klarheit und ein gemeinsames Bild der Zukunft – für Unternehmen, Teams und die Gesellschaft. Doch ein Zukunftsbild ist mehr als eine Vision. Es ist eine Einladung, die eigene Organisation neu zu denken: 🌟 Geschäftsmodelle zu entwickeln, die nicht nur funktionieren, sondern inspirieren. 🌟 Zusammenarbeit neu zu gestalten, die Menschen verbindet und Innovation ermöglicht. 🌟 Kompetenzen zu fördern, die den Herausforderungen von Morgen gewachsen sind. 🌟 Räume zu schaffen, die Kreativität und Begegnung fördern. Wir bei W. SCHUMACHER NEW WORK glauben, dass Zukunft nur durch mutige Entscheidungen und den Blick über den Tellerrand entstehen kann.

RAin Simone Weber

Recht ist keine Kunst, es ist ein Handwerk. Legen Sie Ihr Arbeitsrecht oder Mietrecht vertrauensvoll in meine Hände.

4 Tage

Wundervolle Aufstellung liebe Anne, die ganz viele lesen sollten!

Anne M. Schüller

Managementdenker, Übermorgengestalterin, Keynote-Speaker, Expertin für kundenzentrierte Unternehmensführung. LinkedIn Top Voice. Top Mind Award 2020. Unternehmerin der Zukunft 2024

5 Tage

Danke fürs Teilen, Amir Shafaghi Danny Thomas Mertens Peter Jaschinski u. a. m.

Anne M. Schüller

Managementdenker, Übermorgengestalterin, Keynote-Speaker, Expertin für kundenzentrierte Unternehmensführung. LinkedIn Top Voice. Top Mind Award 2020. Unternehmerin der Zukunft 2024

5 Tage

Viel mehr zum Thema habe ich übrigens in einem Podcast mit Gunnar Sohn gesagt. Schaut gerne mal rein: https://www.youtube.com/watch?v=TUaHbLlEtis&t=19s

Carl Robert B.

Komplize für Innovation, Design Thinking und der Suche nach dem Besseren

5 Tage

Anne M. Schüller danke für diese Schritt für Schritt Anleitung. Ich würde allerdings überall das Wort "Zukunft" streichen und durch "Zukünfte" ersetzen. Einfach, weil wir noch gar nicht wissen können, wie diese eine Zukunft aussehen wird.

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