Verhandlungstraining beginnt im Kopf - Diese zwei einfachen Ideen werden Ihre Verhandlungen optimieren
In fast jedem Verhandlungstraining oder Verhandlungsseminar werden viele taktische Methoden und Tricks gelehrt. Das ist sicherlich sehr wichtig. Und so richtig erfolgreich wird man nur, wenn man mit der richtigen Einstellung in Verhandlungen geht. Dieser Beitrag soll Ihnen Ideen liefern, wie Sie sich mental auf Verhandlungen vorbereiten und dadurch Ihre Chancen wesentlich verbessern.
Dazu wollen wir uns mit zwei Gedankenmodellen beschäftigen. Eines davon dreht sich um Haltung und Einstellung und das andere um die Frage, wie wir Aussagen eines anderen Menschen interpretieren.
Mentale Einstellung zum Verhandlungstraining
Angenommen Sie nehmen an einer Konferenz oder einem Seminar in einer fremden Stadt teil. Der Tag war anstrengend, vielleicht sogar weil die Konferenz in einer Fremdsprache gehalten wurde und Sie sehr konzentriert zuhören mussten. Jetzt schwirrt Ihnen der Kopf und Sie wollen sich bei einem Spaziergang die Beine vertreten und den Kopf klar bekommen.
Sie lassen sich durch die Straßen treiben und bekommen langsam wieder einen klaren Kopf. Dann stellen Sie fest, dass Sie die Orientierung verloren haben und ziehen Ihr Smartphone, um den Stadtplan aufzurufen. Allerdings ist das komplett leer. Es bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als einen Passanten zu fragen, wie Sie den Weg zurück zum Hotel finden können.
Verhandlungstraining: Wer hat das Problem?
Also sprechen Sie einen einheimisch aussehenden Menschen an und fragen in der lokalen Sprache: „Entschuldigung - Können Sie mir den Weg zum Hotel Royal erklären?“ Sie lächeln und warten auf die Antwort: „Da gehen Sie schon in die passende Richtung. Jetzt noch weiter bis zur dritten Ampel. Dort rechts und dann an der zweiten Ampel wieder links. Nach 200 Meter ist das Hotel auf der linken Seite.“ Der Befragte erklärt den Weg und nutzt große Gesten, um rechts und links zu unterstreichen, grüßt zum Abschluss und geht dann weiter.
Wie reagieren Sie? Vermutlich grüßen Sie zurück und machen sich auf den Weg zum Hotel, indem Sie den Anweisungen folgen. Aber warum vertrauen wir in diesem Fall so gutgläubig einer fremden Person? Schließlich hätte man Sie ohne ein Risiko einzugehen auf den völlig falschen Weg schicken können. Oder der Befragte wusste nicht, wo das Hotel ist und hat irgendetwas gesagt, um sich nicht bloßzustellen. Oder vielleicht hat er das Hotel verwechselt und versehentlich einen falschen Weg genannt. All das wäre möglich und dennoch kommen wir in der Regel nicht auf die Idee, dass etwas nicht stimmen könnte.
Wer die Lösung hat, führt die Verhandlung
Weil der Befragte klar und deutlich gezeigt hat, dass er die Lösung hat (ohne, dass wir das prüfen konnten) waren wir bereit ihm zu folgen. Wer die Lösung hat, kann führen. Wer das Problem hat, muss folgen. Schließlich ist uns klar, dass wir das Problem haben, wenn wir den Weg nicht kennen. Wenn der Einheimische ohne zu zögern eine Antwort gibt, gestehen wir ihm zu, dass er die Lösung hat. Dadurch vereinbaren wir die Rollenverteilung im Gespräch ganz automatisch.
Grundsätzlich ist es so, dass jeder, der eine Dienstleistung oder ein Produkt einkaufen will, damit ein Problem lösen will. Wenn das nicht so wäre, müsste man ja nichts einkaufen und also auch nicht verhandeln. Man könnte also sagen, dass der Einkäufer grundsätzlich in der Position ist ein Problem zu haben und eine Lösung zu suchen. Allerdings ist das, wie wir eben aufgedeckt haben, keine gute Ausgangsposition für eine Verhandlung.
Profi-Einkäufer wollen, dass Sie ein Problem haben
Deshalb wird ein professioneller Einkäufer grundsätzlich versuchen, den oder die Anbieter in die Situation des Probleminhabers zu drängen. „Sie wollen doch hier Umsatz machen, oder?“ könnte ein typischer Spruch sein. Oder auch: „Das, was Sie anbieten, bekomme ich überall günstiger!“
Diese taktischen Aussagen müssen nicht immer wahr sein. Genauer gesagt habe ich in vielen Verhandlungen festgestellt, dass es lediglich frei erfundene und theatralisch gut vorgetragene Behauptungen sind, um den Verkäufer einzuschüchtern und ihn denken zu lassen „Ich muss mir etwas einfallen lassen...“
In meinem Verhandlungstraining stelle ich immer wieder fest, dass die Teilnehmer öfter Aussagen machen, wie „Aber ich muss doch...“, „Wenn ich nicht mitmache, dann...“ oder „Ich kann doch nicht...“ All diese Aussagen sind Hinweise darauf, dass der Verkäufer sich in die Rolle des Probleminhabers hat drängen lassen. Er ist mental nicht mehr in der Lage zu führen, weil er denkt er müsse dem Einkäufer folgen.
Behalten Sie die Führung in der Verhandlung
Wenn es Ihnen gelingt, sich immer wieder daran zu erinnern, dass Sie die Lösung für das Problem des Einkäufers haben und deshalb ganz zu Recht die Verhandlungen führen, dann wird sich das sehr positiv auf Ihre nächsten Verhandlungen auswirken. Das mag zu Beginn ein wenig ungewohnt wirken und gut ausgebildete Einkäufer werden auch nicht sofort kapitulieren. Sie werden vermutlich sogar immer größere Geschütze auffahren.
Bleiben Sie dennoch standhaft, lächeln Sie und bleiben Sie in der Führungsrolle, indem Sie die Lösung betonen und den Entscheidungsprozess durch Fragen und Aussagen aus dem Eltern-Ich steuern.
Das zweite Denkmodell, das ich Ihnen versprochen habe, kommt aus der Psychologie. Der Psychologe und Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun hat ein kongeniales Modell für Kommunikation entworfen. Es besagt, dass jede Aussage genau vier unterschiedliche Kanäle transportiert. Diese vier Kanäle sind Sachinformation, Beziehung, Appell und Selbstoffenbarung.
Verhandlungstraining: Wir hören mit vier Ohren
Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Nehmen wir an, Sie haben für Ihr „Schatzi“ gekocht. Sie haben sich mächtig ins Zeug gelegt und ein Rezept für eine Menüfolge von Eckart Witzigmann ausprobiert. Als Suppe gab es eine „tomatisierte Karottensuppe“ die sehr gut ankam. Nun ist es Zeit für den zweiten Gang. Sie servieren das „Graupen-Risotto mit grünem Spargel“. Schatzi blickt auf den Teller und sagt: „Da ist etwas Grünes in meinem Risotto!“
Jetzt kommt es darauf an, wie Sie auf diese Botschaft reagieren möchten. Es gibt mehrere Möglichkeiten.
- Sach-Info: Sie verstehen: „Da ist etwas Grünes in meinem Teller“ und sagen „Ja, das ist grüner Spargel.“
- Selbstoffenbarung: Sie verstehen: „Wenn ich kochen würde, gäbe es nicht so grünes Zeug“ und sagen „Dann koch’ Du doch, wenn Du es besser kannst.“
- Appell: Sie verstehen: „Nimm mir das grüne Zeug von meinem Teller“ und sagen „Oh, ich wusste ja nicht, dass Du keinen grünen Spargel magst. Warte ich nehme ihn dir gleich runter“
- Beziehung: Sie verstehen: „Du liebst mich nicht, sonst wüsstest Du, dass ich so etwas nicht mag!“ und antworten ebenfalls verletzt „Immer wenn ich koche, musst du motzen!“
Was bedeutet das in Bezug auf Verhandlungen? Viele Menschen erwarten bereits, dass eine Erwiderung kommt und haben deshalb ihr Appell-Ohr auf Empfang geschaltet. Wenn der Kunde beispielsweise fragt: „Kann man an dem Preis noch etwas machen?“ dann kommt im Appell-Ohr an „Mach mir einen besseren Preis!“, obwohl das ganz bestimmt nicht gesagt wurde.
Ohropax für Ihr Appell-Ohr
Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihr Appell-Ohr und am besten gleich auch Ihr Beziehungs- und Selbstoffenbarungs-Ohr schalldicht verschließen. Und gleichzeitig Ihr Sachinfo-Ohr vergrößern und besonders empfindlich schalten. So, dass Sie sich wirklich auf die Aussagen des Kunden konzentrieren können und nicht durch die emotionalen Zwischenrufe der anderen Kanäle der Kundenaussage verunsichert werden. Das wäre vielleicht ein gutes Verhandlungstraining und führt zu verblüffenden Ergebnissen:
Auf die Kundenaussage: „Das bekomme ich woanders billiger“, sagen Sie: „OK. Und was bedeutet das in Bezug auf Ihre Entscheidung für mich?“ Oder zu: „Das haben wir nicht im Budget“, könnten Sie antworten: „Was werden Sie tun, um das Budget sinnvoll anzupassen?
Wo finden wir Situationen, in denen sich das sozusagen in der Praxis nachweisen lässt? Lassen Sie mich ein einfaches Beispiel nennen: Vielleicht kennen Sie so eine Bäckerei, die für bestimmte Köstlichkeiten bekannt ist. Beispielsweise Butter-Brezen. Das wissen nicht nur Sie sondern einige Menschen. Wenn Sie also beschließen, auf dem Weg zur Arbeit ein paar leckere Butter-Brezen für sich und die Kollegen zu kaufen, dann müssen Sie ein wenig Zeit mitbringen. Wenn Sie also in der Bäckerei in der Schlange stehen, fällt Ihnen ein, dass Sie keine Milch mehr zu Hause haben und Sie bedienen sich aus dem Kühlregal beim Bäcker. Als Sie die Milchtüte auf den Tresen stellen um zu bezahlen, sehen Sie, dass der Liter Milch mit 1,59 Euro gekennzeichnet ist.
Verhandlungstraining im Alltag
Wissen Sie, was bei Aldi ein Liter Milch kostet? Das schwankt sicherlich, aber sagen wir mal 59 Cent. Was würde wohl passieren, wenn Sie sich aufregen würden und rufen. „Was? Ein Euro und Neunundfünfzig! Das ist ja ein Euro mehr als bei Aldi!“ Rechnen Sie damit, dass die gute Bäckersfrau jetzt in die Preisverhandlung mit Ihnen einsteigt? Etwa, dass man sich auf einen Kompromiss einigt? Wohl kaum!
Die Bäckersfrau wird kaum ihr Appell-Ohr offen haben. Das müsste nämlich offen sein, um zu denken „Ich muss verhandeln“. Stattdessen wird sie im besten Fall mild lächeln und Sie fragen, ob Sie die Milch kaufen wollen oder nicht.
Gehen Sie in ein mentales Verhandlungstraining mit sich selbst
Die beiden Modelle, die Sie in diesem Beitrag bekommen haben, sind sehr gut geeignet, um sie sich immer wieder vor Augen zu führen:
Habe ich die Lösung oder das Problem?
Mit welchem Ohr höre ich die Kundenaussagen?
Diese beiden Fragen sind nicht abschließend zu beantworten. Aber nehmen Sie diese beiden Fragen mit in Ihren Alltag und Sie bekommen sozusagen im Vorbeigehen Ihr eigenes Verhandlungstraining, um andauernd besser zu werden. Dabei soll Ihnen auch unser 13-teiliges Infopaket helfen, das Sie hier kostenlos anfordern können.