Positionspapier VAUDE Sport GmbH & Co KG zum Lieferketten-/Sorgfaltspflichten-Gesetz
VAUDE begrüßt die geplante verpflichtende Sorgfaltspflicht für Unternehmen in der EU. Wir setzen uns für ambitionierte, schnell wirksame und verbindliche Standards für mehr Nachhaltigkeit für möglichst viele Unternehmen ein.
Welche Chancen und welche Herausforderungen sieht VAUDE im Hinblick auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz?
Wir bei VAUDE engagieren uns seit langem gemeinsam mit anderen Unternehmen in verschiedenen Projekten in der Lieferkette, ob zum Thema Klima, Chemikalienmanagement oder den sozialen Arbeitsbedingungen. Gemeinsam schaffen wir so Verbesserungen und Lösungen, von denen schließlich auch die Unternehmen selbst profitieren. Anstrengungen und Investitionen im ökologischen und sozialen Bereich sind für uns eine Verpflichtung und gehören zu unserem unternehmerischen Selbst-Verständnis.
Jedoch ist es so, dass unser bislang freiwilliges Engagement, das hohe Kosten verursacht, für uns Wettbewerbsnachteile gegenüber Unternehmen gebracht hat, die dieser Verantwortung nicht nachgekommen sind. VAUDE zeigt, dass es Lösungen gibt. Doch es braucht politische Rahmenbedingungen, damit Umwelt- und Sozialstandards in der globalen Lieferkette selbstverständlich werden.
Daher ist VAUDE davon überzeugt, dass strengere gesetzliche Vorgaben sowie wirksame staatliche Anreizsysteme für betrieblichen Klima- und Umweltschutz in der Lieferkette für mehr Gerechtigkeit sorgen können.
Gesetzgebung kann Hebelwirkung entfalten
VAUDE befürwortet den Entwurf des EU-Lieferkettengesetzes, weil neben den sozialen Aspekten auch ökologische Faktoren berücksichtigt sind und auch mehr Unternehmen als im deutschen Gesetz in die Pflicht genommen werden sollen. Damit kann die CSDDD ein echte Game Changer werden und ist eine große Chance, dass mehr Akteure gemeinsam aktiv werden und echte Verbesserungen in den Lieferketten voranbringen. Durch die größere Reichweite kann das Gesetz eine
Hebelwirkung entfalten, die für mehr Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit sorgen kann und Verantwortung in der gesamten Lieferkette als Business-Strategie implementiert. So können Unternehmen gemeinsam Kosten, Aufwand und Risiken teilen.
Ein gutes Beispiel dafür ist unsere langjährige Zusammenarbeit mit der Fair Wear Foundation (FWF). Die Fair Wear Foundation zählt zu den anerkanntesten und strengsten Standards im Bereich der sozialen Verantwortung in den textilverarbeitenden Lieferketten.
Gemeinsame Audits als Win-Win-Situation
Als nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen beschäftigen wir uns seit knapp 15 Jahren mit dem Aufbau und der Entwicklung nachhaltiger Lieferketten. Dazu gehören für uns als Mitglied der Fair Wear Foundation ganz selbstverständlich unabhängige, regelmäßige Audits in allen Produktionsstätten, um nach internationalen Menschenrechtsstandards die Arbeitsbedingungen in der Produktion evaluieren zu lassen. Die Themen der Findings dieser Audits (ob exzessive Arbeitszeiten, Arbeitssicherheitsthemen etc.) sind der Ausgangspunkt eines langfristigen kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, in dem auch wir als auftraggebendes Unternehmen unsere Verantwortung übernehmen, sowohl in der Begleitung und Abverfolgung der Themen, also auch bspw. durch Veränderung unserer Einkaufspraktiken, um bspw. eine ganzjährige Auslastung der Firmen zu gewährleisten und somit Überstunden vorzubeugen.
Diese Audits führen wir häufig gemeinsam mit anderen Unternehmen durch, vor allem, um Kosten und Ressourcen einzusparen, aber auch, um Verbesserungen bei unseren Produzenten schneller zu erreichen. Indem wir uns mit anderen zusammentun, verringert sich der Aufwand für alle Beteiligten enorm, denn statt einzelnen aufwendigen Audits und Corrective Action Plans durchzuführen und auszuarbeiten, ist eine gemeinsame Auditierung effektiver und für alle eine Win-Win-Situation.
Mehr zu unserer Zusammenarbeit mit der Fair Wear Foundation: https://nachhaltigkeitsbericht.vaude.com/gri/menschen/unsere-verantwortung.php
Ein weiteres Beispiel zeigt, welch eine Hebelwirkung das Lieferkettengesetz haben kann, wenn mehr Unternehmen als bisher auch einen Umstieg auf erneuerbare Energien in der Lieferkette verfolgen. Gemeinsam mit neun weiteren Outdoormarken arbeitet VAUDE seit 2021 daran, die Lieferkette umweltfreundlich zu machen. Das Supply Chain Decarbonisation Project der European Outdoor Group (EOG) hat das Ziel, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und den Umstieg auf erneuerbare Energien auch in unseren Produktionsländern voranzutreiben. Die Kosten des Projekts werden von den teilnehmenden Unternehmen getragen. Auch diese freiwillige Maßnahme verursacht Kosten und Wettbewerbsnachteile.
Weitere Informationen zu unserem Engagement:
Was bedeutet der risikobasierte Ansatz für VAUDE und wie setzen wir ihn um?
Der risikobasierte Ansatz gemäß der OECD-Leitsätze hilft uns, unsere Ressourcen und Mittel zielgerichtet genau dort einzusetzen, wo wir den größten negativen Impact verursachen. Wir erstellen jährlich eine umfangreiche Risikoanalyse unserer Lieferkette, diese geht von der Analyse unseres Businessmodells über die Länder- und Sektorenrisiken bis hin zu den einzelnen Fertigungsstätten. Aus dieser Analyse leiten wir dann Milderungsmaßnahmen und Projekte ab. Der Vorteil einer regelmäßigen Risikoanalyse ist, dass die Wirksamkeit getroffener Maßnahmen im Verlauf mehrerer Jahre genau gemessen werden kann. Wir sind der Überzeugung, dass es zum risikobasierten Ansatz keine praktikablen Alternativen gibt.
Wie nutzen Sie bestehende Unterstützungsangebote zur Umsetzung und wie kann die Unterstützung durch die Bundesregierung oder durch Stakeholder optimiert werden?
Es gibt bereits viele Handreichungen, die Unternehmen dabei unterstützen, den risikobasierten Ansatz umzusetzen. Dazu zählen beispielsweise die OECD, das
Textilbündnis oder die BAFA. Jede dieser Organisationen bietet Checklisten und Fragebögen, die einen guten Überblick über die jeweiligen unternehmensspezifischen Risiken geben. Auch die weltweit anerkannten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGP) sind eine gute Basis der Analyse und wären ein eindeutiger Prüfungsrahmen, an dem sich die Unternehmen orientieren können, da ansonsten die Durchführung der Analyse unüberschaubar und mit Rechtsunsicherheiten verbunden wäre.
Fördermittel für Umsetzung von Projekten aus der Risikoanalyse
Allerdings kosten Projekte, die sich aus der Risikoanalyse ergeben, Zeit, Ressourcen und den Aufbau von Expertise. Fördermittel der Bundesregierung können besonders KMU dabei unterstützen, diese Themen konsequent und umfassend anzugehen.
Eine wichtige Rolle spielen auch die verschiedenen Multistakeholder-Initiativen wie etwa die Fair Wear Foundation oder das Textilbündnis, denn sie stellen sicher, dass die Belange aller Stakeholder betrachtet und beachtet werden. Dazu kommt, dass unsere Partner vor Ortüber die nötige Sachkunde verfügen, wenn es darum geht, Schadensrisiken in den Produktionsländern zu benennen und Lösung zu ihrer Behebung zu erarbeiten. Daher ist die Einbeziehung dieser Stakeholder unbedingt notwendig, um eine strukturelle und kontinuierliche Verbesserung der Umwelt- und Menschenrechtsbedingungen voranzutreiben und die Lieferketten stabiler zu machen.
Anerkennung von Standard- und Zertifizierungssystemen
Aus unserer Sicht wäre es sehr wünschenswert, wenn die Bundesregierung einschlägige Standards anerkennen würde, um Dopplungen von Prüfungen und Berichten zu vermeiden. Ambitionierte Standard- und Zertifizierungssysteme sind eine wichtige Unterstützung bei der Erfüllung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten, sowohl bezogen auf den Umweltschutz als auch auf Menschenrechte. Multi-Stakeholder Initiativen wie etwa die Fair Wear haben nachweislich hohe Anforderungen an Mitgliedsunternehmen. Daher sollten bereits existierende Initiativen, die diese Anforderungen erfüllen, anerkannt werden.
In der Praxis ist es heute noch so, dass zum Beispiel die Fair Wear Foundation und der Grüne Knopf dieselben Kriterien abfragen, was doppelte Ressourcen bindet.
Insofern wäre es eine große Arbeitserleichterung, wenn Standards benannt und anerkannt werden würden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der den oben genannten Punkt ebenfalls betrifft, ist der Wunsch nach Bürokratie-Abbau, der ja auch bei dem Treffen in Ihrem Hause laut geworden ist. Umso weniger bürokratische Hürden aufgestellt werden, desto einfacher ist es für Unternehmen, den risikobasierten Ansatz umzusetzen.
Sektorspezifische Plattformlösungen zum Datenaustausch
Da sich die Risiken der verschiedenen Sektoren oder Industrien stark unterscheiden, sollten sektorspezifische Datenbanken und Plattformlösungen entwickelt werden. Diese sollten offizielle Informationen zu Ländern, Regionen sowie Produkten bereitstellen, sofern den öffentlichen Stellen diesbezüglich besondere Risikopotenziale bekannt sind. Gute, bererits anwendbare Beispiele sind die Plattformen Wordly (vormals HIGG), retraced oder Trustrace, die bereits jetzt zeigen, wie Daten in einer Plattformlösung zwischen den Beteiligten ausgetauscht werden können, ohne Geheimhaltungsvereinbarungen oder kartellrechtliche Probleme zu generieren. Gerne können wir Ihnen dazu noch weitere Informationen und Erfahrungswerte liefern.
Nähere Informationen zu den Plattformlösungen: www.trustrace.com https://worldly.io/ https://www.retraced.com/
Risiken im außenpolitischen Dialog benennen und Forderungen stellen
Ein weiteres wichtiges Anliegen an die Politik wäre es, dass auch bei bilateralen Gesprächen mit den Regierungen in den Produktionsländern die Risiken angesprochen werden, um Themen wie etwa Mindestlöhne, Arbeitsbedingungen, Korruption oder Diskriminierung auch auf die politische Agenda zu setzen. Hier wäre es ebenfalls hilfreich, wenn im außenpolitischen Dialog die Forderung nach freien Zugängen zu Due Diligence Prozessen in Unternehmen des jeweiligen Landes gestellt würde. Wirksam könnte sie dadurch werden, dass Beschwerdemechanismen eingerichtet werden, an die sich sowohl die Produktionsstätten als auch die deutschen Unternehmen wenden können, wenn z.B. Audits nicht frei durchgeführt werden können.
Kontakt:
Bettina Roth , VAUDE Abteilungsleitung Qualitätsmanagement
Antje von Dewitz , VAUDE Geschäftsführerin
head of production bei Maloja Clothing GmbH
1 Jahrendlich sagt es mal jmd 👍🏻
Auch DER SPIEGEL berichtet über die Diskussionen rund um das EU Lieferkettengesetz. Und auch über ein weiteres Schreiben, das wir gemeinsam mit 23 anderen Unternehmen in der letzten Woche an #Bundeskanzler Olaf #Scholz und weitere zuständige Minister*innen geschickt haben, um zu betonen, wie wichtig das Sorgfaltspflichtengesetz ist.