#6: Selbstständigkeit als Steuerberater - Chancen & Risiken

#6: Selbstständigkeit als Steuerberater - Chancen & Risiken

Der Beruf des Steuerberaters ist zukunftssicher und bietet Top-Verdienstmöglichkeiten - vor allem, wenn man sich selbständig macht.

In der heutigen Ausgabe des Newsletters möchte ich für Sie die Chancen und Risiken, die ein Steuerberater auf dem Weg zur Selbstständigkeit begegnen könnte, gegenüberstellen.

 

Der Weg in die Selbstständigkeit als Steuerberater

Der Schritt in die Selbstständigkeit kann auf verschiedene Weisen erfolgen: durch Gründung einer eigenen Kanzlei, durch Übernahme einer bestehenden Kanzlei oder durch Einstieg als Partner in einer etablierten Kanzlei.

 

Gründung einer eigenen Kanzlei

Die Gründung einer eigenen Steuerkanzlei ist der klassischste und ambitionierteste Weg in die Selbstständigkeit. Dieser Karrierepfad bietet maximale Kontrolle und die Freiheit, die Kanzlei nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.

  1. Vorbereitung und Planung: Der erste Schritt ist die Entwicklung eines detaillierten Businessplans. Dieser sollte eine genaue Marktanalyse, eine Übersicht über die anfänglichen Investitionen für Räume, IT-Infrastruktur und ggf. erste Mitarbeiter umfassen. Auch die Planung der Dienstleistungspalette und eine klare Zielgruppenanalyse sind hier entscheidend.
  2. Standortwahl: Ein kritischer Faktor ist die Wahl des Standorts. Es muss geprüft werden, ob in der gewählten Region eine hohe Nachfrage nach Steuerberatungsdiensten besteht oder ob der Markt bereits gesättigt ist. Die Lage kann auch die Erreichbarkeit für potenzielle Mandanten und die Sichtbarkeit der Kanzlei beeinflussen. Es gibt auch die Möglichkeit seine Dienste standortunabhängig anzubieten, bspw. online per Video-Beratung. Hier empfiehlt sich eine klare Strukturierung der Zielgruppe, da diese dadurch besser via Online-Marketing Maßnahmen angesprochen werden kann.
  3. Finanzierung und Kostenmanagement: Neben eigenen Ersparnissen können auch Bankkredite oder Investoren zur Anfangsfinanzierung herangezogen werden. Ein realistischer Finanzplan, der auch laufende Kosten wie Miete, Gehälter, Versicherungen und Marketing einschließt, ist unerlässlich.
  4. Rechtsform und rechtliche Grundlagen: Die Wahl der Rechtsform (z.B. Einzelunternehmen, GmbH, PartGmbB) hat direkte Auswirkungen auf die Haftung und steuerliche Behandlung der Kanzlei.
  5. Aufbau von Kundenbeziehungen und Netzwerken: Die Akquise von Mandanten ist eine der größten Herausforderungen. Netzwerkveranstaltungen, Empfehlungsmarketing und die Präsenz in lokalen Medien können dabei helfen, einen ersten Mandantenstamm aufzubauen. Neben der klassischen Kundengewinnung besteht auch die Möglichkeit Social-Media-Kanäle zu nutzen, um potenzielle Mandanten auf Ihre Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Hier gibt es zahlreiche Optionen vom Content-Marketing auf LinkedIn, über Steuertipps auf Instagram zu bezahlter Werbung auf Facebook uvm. Mein Tipp: Sprechen Sie über diese Themen frühzeitig mit Experten, der sich mit einer vergleichbaren Zielgruppe auskennt, sonst verbrennen Sie im Zweifel viel Geld.
  6. Spezialisierung: Eine Spezialisierung, z.B. auf internationales Steuerrecht oder bestimmte Branchen wie das Gesundheitswesen, kann helfen, sich von der Konkurrenz abzuheben und höhere Honorare zu verlangen.


Übernahme einer bestehenden Kanzlei

Die Übernahme einer bestehenden Kanzlei bietet den Vorteil, dass bereits eine Infrastruktur und ein Mandantenstamm vorhanden sind. Diese Option kann schneller zu stabilen Einkünften führen und birgt weniger Anfangsrisiken.

  1. Due Diligence: Vor der Übernahme ist eine gründliche Prüfung der Kanzlei (Due Diligence) erforderlich. Dabei werden die finanziellen Bücher, die Mandantenverträge und die Reputation der Kanzlei genau analysiert.
  2. Verhandlung und Kaufpreis: Die Bewertung der Kanzlei und die Verhandlung des Kaufpreises sind komplexe Aspekte, die oft durch emotionale Bewertungen des Verkäufers erschwert werden. Es ist ratsam, unabhängige Gutachter einzubeziehen.
  3. Übergangsphase und Integration: Viele Verkäufer begleiten den Käufer für eine Übergangszeit, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. In dieser Zeit können wichtige Geschäftsbeziehungen und internes Wissen übertragen werden.
  4. Anpassung und Optimierung: Nach der Übernahme kann es notwendig sein, Prozesse zu optimieren und die Kanzlei gegebenenfalls neu auszurichten, um Effizienz zu steigern oder neue Marktchancen zu nutzen.
  5. Kulturelle Integration: Die erfolgreiche Integration in das bestehende Team und die Anpassung der Unternehmenskultur sind entscheidend für den langfristigen Erfolg.


Als Partner in einer bestehenden Kanzlei einsteigen

Diese weitere mögliche Option bietet Ihnen eine gute Balance zwischen Selbstständigkeit und Sicherheit. Man profitiert von bestehenden Strukturen, während man gleichzeitig an wichtigen Entscheidungen beteiligt ist und eine gewisse Kontrolle über die Kanzleiführung hat. Als Partner trägt man Verantwortung für die Mitarbeiterführung und oft auch für die Betreuung wichtiger Mandanten (s. Artikel Partnerschaft im Steuerrecht).

➜ Die Entscheidung zwischen der Übernahme einer bestehenden Kanzlei und der Gründung einer neuen hängt von Ihren persönlichen, beruflichen und finanziellen Zielen sowie Ihrer Risikobereitschaft ab. Beide Optionen bieten einzigartige Chancen, erfordern aber auch sorgfältige Überlegung und Planung, um erfolgreich zu sein. Sollte keine der beiden Optionen für Sie interessant sein, können Sie immer noch als Partner in einer bestehenden Kanzlei einsteigen.

 

Was man als selbstständiger Steuerberater beachten sollte/muss:

Spezialisierungsmöglichkeiten

Es kann sinnvoll sein Ihre Kanzlei auf eine Sparte zu spezialisieren, denn eine Spezialisierung kann die Erfolgsaussichten erheblich verbessern. Mögliche Fachbereiche sind bspw. Industrie, Behörden, Ärzte, internationales Steuerrecht, Gründer, Einzelhandel, vermögende Privatleute und E-Commerce. Durch die Spezialisierung können höhere Honorare verlangt werden, da weniger direkte Konkurrenz besteht und Sie zentraler Ansprechpartner sind.

 

Marketing und Bekanntmachung der Kanzlei

Effektives Marketing ist entscheidend, um eine Steuerkanzlei erfolgreich zu machen. Dazu gehören insbesondere eine professionelle Website, die Nutzung sozialer Netzwerke wie LinkedIn und Xing. Speziell LinkedIn sollten Sie dabei nicht außer Acht lassen – LinkedIn bietet immer mehr Möglichkeiten sich selbst und das Unternehmen zu vermarkten.

Was ebenfalls wichtig ist, ist Empfehlungsmarketing. Holen Sie sich positive Bewertungen ein; speziell bei einer Neugründung kann das von Vorteil sein.

 

Verdienstmöglichkeiten

Die Verdienste variieren je nach Art der Tätigkeit. Für selbständige Steuerberater gelten idR keine oberen Gehaltsgrenzen. Ein guter Businessplan und effizientes Kanzleimanagement sind jedoch entscheidend, um finanzielle Stabilität zu gewährleisten.

Wie viel man dann letztendlich verdient, hängt von der Anzahl der Mandanten und den Ausgaben ab. Die meisten freiberuflichen Steuerberater kommen auf einen monatlichen Verdienst von mindestens 10.000 Euro.

In der Gründungs- und Anfangsphase ist es jedoch wahrscheinlich, dass man weniger verdient als ein angestellter Steuerberater. Sobald jedoch ein Mandantenstamm aufgebaut ist und die ersten Hürden überwunden sind, steht einem hohen Gehalt nichts mehr im Weg.

 

Rechtsform und Versicherungen

Die Wahl der passenden Rechtsform für einen Steuerberater, der sich selbstständig machen möchte, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem gewünschten Grad der Haftungsbeschränkung, der geplanten Unternehmensgröße, den steuerlichen Überlegungen und der gewünschten Flexibilität in der Unternehmensführung.

Für Einzelgründer bietet sich oft ein Einzelunternehmen an, wegen der Einfachheit und vollen Kontrolle, allerdings mit dem Nachteil der unbeschränkten Haftung. Viele Steuerberater wählen jedoch eine Partnergesellschaft (PartG) oder eine Partnergesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB), die speziell für Freiberufler entwickelt wurden und Haftungsbeschränkungen bieten.

Ein Beispiel: Ein Steuerberater, der mit zwei Kollegen zusammenarbeitet, könnte eine PartG gründen, um von einer haftungsbeschränkten Struktur zu profitieren, wobei jeder Partner nur für seine eigenen Handlungen haftet. Dies reduziert das persönliche Risiko und erhöht das Vertrauen bei den Mandanten.

Zudem sind eine Berufshaftpflicht- und Vermögensschadenshaftpflichtversicherung verpflichtend und essenziell für den Schutz gegen berufliche Risiken.

Um hier aber genausten beraten zu werden, würde ich Ihnen einen Unternehmensberater empfehlen, der Sie bei solchen spezifischen Anliegen unterstützen kann.

 

Die Chancen und Risiken der Selbstständigkeit als Steuerberater im Überblick:

Chancen

  1. Höhere Verdienstmöglichkeiten: Selbstständige Steuerberater haben das Potenzial, deutlich mehr zu verdienen als angestellte Kollegen, insbesondere wenn sie erfolgreich neue Mandanten gewinnen und ihre Dienstleistungen effizient anbieten.
  2. Flexibilität in der Arbeitsgestaltung: Als Selbstständiger können Sie Ihre Arbeitszeiten und -methoden selbst bestimmen, was eine bessere Work-Life-Balance ermöglichen kann. Sie haben auch die Freiheit, Ihr Büro nach Ihren Vorstellungen zu gestalten.
  3. Direkte Kontrolle über Entscheidungen: Selbstständige Steuerberater haben die volle Kontrolle über die Geschäftsführung, einschließlich der Wahl der Mandanten, der Spezialisierungen und der Geschäftsstrategie.
  4. Möglichkeit zur Spezialisierung: Selbstständigkeit ermöglicht eine tiefere Spezialisierung in Nischenbereichen, was die Marktposition stärken und zu höheren Honoraren führen kann.
  5. Unternehmerische Selbstverwirklichung: Die Führung einer eigenen Kanzlei kann ein hohes Maß an beruflicher Zufriedenheit bieten, da sie die Möglichkeit zur Umsetzung eigener Ideen und zur persönlichen Weiterentwicklung bietet.

 

Risiken

  1. Anfängliche Investitionen und laufende Betriebskosten: Die Gründung und der Unterhalt einer eigenen Kanzlei erfordern erhebliche finanzielle Investitionen in Büroausstattung, Personal, Software und Marketing.
  2. Risiko des Unternehmertums: Selbstständige tragen das volle wirtschaftliche Risiko ihres Unternehmens. Dies beinhaltet die Gefahr finanzieller Verluste, insbesondere in der Anfangsphase oder bei wirtschaftlichen Abschwüngen.
  3. Verwaltungsaufwand: Neben der fachlichen Tätigkeit müssen selbstständige Steuerberater auch umfangreiche administrative Aufgaben bewältigen, wie Buchhaltung, Rechnungsstellung, Marketing und Kundenpflege.
  4. Schwankendes Einkommen: Im Gegensatz zu einem festen Gehalt im Angestelltenverhältnis kann das Einkommen eines selbstständigen Steuerberaters stark variieren, abhängig von der Anzahl und Art der Mandate.
  5. Fehlende betriebliche Vorteile: Selbstständige haben keinen Anspruch auf betriebliche Sozialleistungen wie bezahlten Urlaub, Krankengeld oder betriebliche Altersvorsorge, die in einem Angestelltenverhältnis oft üblich sind.
  6. Verantwortung für Compliance und Haftungsrisiken: Selbstständige Steuerberater müssen sicherstellen, dass ihre Praxis alle gesetzlichen und beruflichen Standards erfüllt. Sie tragen die volle Verantwortung für eventuelle berufsbedingte Haftungsrisiken.

 

Fazit

Der Schritt in die Selbstständigkeit als Steuerberater erfordert eine umfassende Vorbereitung, ein klar definiertes Konzept und kontinuierliches Engagement im Bereich Marketing und Mandantenpflege. Mit der richtigen Planung und einem soliden Businessplan können Steuerberater erfolgreich ihre eigene Kanzlei führen oder als Partner in bestehende Strukturen einsteigen.


Bis zum nächsten Mal,

Ihr Alexander Gries


*Zur besseren Lesbarkeit nutzen wir das männliche Geschlecht – sprechen jedoch alle Geschlechter gleichermaßen an.

 

 

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