Alexandra Kuebler

Mitte Januar 2021 haben Bund und Länder die Regeln für den Lockdown erneut verschärft, unter anderem für das Arbeiten im Homeoffice. Die Corona-Pandemie hat also weiterhin das öffentliche und private Leben fest im Griff. In der Arbeitswelt hinterlassen die Covid-19-Pandemie und die im Kampf gegen sie beschlossenen Maßnahmen tiefe Spuren. Diese Spuren, positive wie negative, gilt es seitens HR aufzuarbeiten, um für die Zukunft Antworten auf Fragen abzuleiten, die sich zum Teil weit vor Corona gestellt haben.

Etwa zum immensen Stellenwert und jeweiligen Charakter der Unternehmenskultur sowie deren tatsächlicher Wandlungsfähigkeit im Hinblick auf die Übernahme von Verantwortung, das Aufbrechen von Silos und die Umsetzung von Werten. Die Pandemie und die Reaktionen darauf in den Unternehmen haben in bis dahin kaum gekanntem Ausmaß die jeweilige Kultur der Organisation offengelegt und gezeigt: im Krisenmodus sind zaghafte Veränderungen möglich. Inwieweit diese Ausdruck eines tatsächlichem Wandels sind oder lediglich kurzatmige Anpassung repräsentieren, wird sich zeigen.

Antworten von HR gilt es ebenso auf Fragen zur zukünftigen Führung auf der Basis von mehr Vertrauen in die Mitarbeiter und mehr Zutrauen in deren Kompetenzen. Und zum sinnvollen Zusammenspiel von mobiler Arbeit und Arbeit im Büro auf der Basis von Desktop-Sharing sowie moderner Raumkonzepte. Allein im Homeoffice werden Innovationen, die Interaktion voraussetzen, wahrscheinlich nicht geschaffen und Konflikte nicht nachhaltig gelöst. Zu fragen ist auch, wie ein klug austariertes Verhältnis von „Spielregeln“ und Freiheitsgraden von Führung in der virtuellen Zusammenarbeit aussehen kann.

Lockdown bewirkt kulturelle Veränderungen Dass sich eingefahrene Prozesse und hergebrachte Verhaltensweisen in den Unternehmen trotz der starken Prägung durch die jeweilige Kultur verändern können, haben die Anfangsphase der Pandemie und der erste Lockdown ab Mitte März 2020 eindrucksvoll gezeigt. In vielen Unternehmen wurde seitens der Führungskräfte und der Mitarbeiter schnell der „Ernst der Lage“ erkannt: Es wurde – teilweise sehr viel intensiver als zuvor - an einem Strang gezogen, um die Kontinuität des Business aufrechtzuerhalten und um Arbeitsplätze zu sichern.

An einem Strang ziehen bedeutet auch, im Sinne von Responsivness schnell und zugleich abgestimmt zu reagieren, den internen Wettbewerb zwischen Silos aufzugeben sowie gegenseitige Schuldzuweisungen (respektive das Reklamieren von Erfolgen für den eigenen Bereich oder gar die eigene Person) zu unterlassen. Silos beginnen bereits dann aufzubrechen, wenn Fragen oder Probleme auf dem kleinen Dienstweg geklärt oder Ansprechpartner direkt kontaktiert werden, um schnell und gleichwohl bereichsübergreifend zu gemeinsamen Lösungen zu kommen.

Schuldzuweisungen beziehungsweise eine fehlende Fehlerkultur behindern Responsivness. Wenn Führungskräfte unterer Ebenen oder Mitarbeiter Angst haben, auf Anfragen schnell zu reagieren, und sich an höherer Stelle erst einmal absichern, ist das Ausdruck mangelnden Vertrauens in der Organisation. In der Corona-Krise ist bei Mitarbeitern und Führungskräften vielfach das Zutrauen in die eigene Handlungsfähigkeit gewachsen und Vertrauen entstanden, eine eigene Meinung haben und selbst entscheiden zu dürfen. Vertrauen entsteht, wenn Fehler gemacht werden können, ohne mit negativen Konsequenzen rechnen zu müssen. Dies schließt die Analyse von Fehlern gerade nicht aus, um für die Zukunft notwendige Kompetenzen entwickeln zu können.

Die Corona-Krise wirkt wie ein Brennglas Die Corona-Krise zeigt, wo die Unternehmen im Hinblick auf Führung, Vertrauen und Zutrauen sowie Zusammenarbeit stehen und welchen Wandlungsbedarf sie haben. Ob dieser Wandel gelingen kann und mit welchen „Lösungen“ und Instrumenten er bewältigt wird, ist eine wesentliche Frage der Kultur der jeweiligen Organisation und des in ihr herrschenden Verständnisses von Leadership.

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